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Versunkene Kirche im Watt lokalisiert

Mittelalter-Siedlung Rungholt

Versunkene Kirche im Watt lokalisiert
Ausgrabungen bei Ebbe im Watt fördern Spuren einer untergegangenen Siedlungslandschaft des Mittelalters zutage. ©: Ruth Blankenfeldt, Schleswig

Verschollen seit über 600 Jahren: Archäologen haben Spuren der Kirche der sagenumwobenen Friesen-Siedlung Rungholt entdeckt, die im Jahr 1362 von der Nordsee verschlungen wurde. Der eindrucksvolle Sakralbau auf einer Warft bildete das Zentrum einer mittelalterlichen Siedlungslandschaft mit zahlreichen Gebäuden und Strukturen, dokumentieren weitere Ergebnisse der archäologischen Untersuchungen im nordfriesischen Wattenmeer.

Geheimnisvoll, märchenhaft und ein bisschen gespenstisch: Städte, die einst bei katastrophalen Ereignissen untergingen, üben eine starke Faszination auf Menschen aus. So wurde auch Rungholt zu einem legendären Mystery-Ort der norddeutschen Geschichte. Überlieferungen berichten über diese angeblich reiche Handelsgemeinde in der nordfriesischen Küstenlandschaft, die bei einer verheerenden Sturmflut im Jahr 1362 in der Nordsee verschwand. Nach dieser sogenannten „Groten Manndränke“ wurde das Gebiet südlich von Pellworm zum Reich des Wattwurms.

Einblicke in den matschigen Untergrund

Funde von Überresten und historische Nachforschungen haben bereits einige interessante Informationen über das verschollene Rungholt erbracht, doch noch immer sind die einstigen Siedlungsstrukturen und die Bedeutung des mittelalterlichen Ortes mysteriös geblieben. Um für neue Hinweise zu sorgen, suchen Wissenschaftler mittlerweile auch mithilfe von modernen Methoden der Archäologie nach Spuren im Wattenmeer. Über die aktuellen Entdeckungen berichten nun die beteiligten Forschungseinrichtungen in einer gemeinsamen Mitteilung.

“Die Siedlungsreste werden mit unterschiedlichen geophysikalischen Methoden wie magnetischer Gradiometrie, elektromagnetischer Induktion und Seismik lokalisiert und flächenhaft kartiert”, erklärt Dennis Wilken von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Seine Kollegin Hanna Hadler Johannes Gutenberg-Universität Mainz führt weiter aus: “Auf Grundlage dieser Prospektion entnehmen wir dann gezielt Sedimentbohrkerne, deren Analyse nicht nur Aussagen über räumliche und zeitliche Zusammenhänge der Siedlungsstrukturen, sondern auch zur Landschaftsentwicklung ermöglicht.”

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Spannende Siedlungsstrukturen

Im Mai 2023 wurde nun bei der Hallig Südfall durch die geophysikalische Prospektion eine bislang unbekannte, zwei Kilometer lange Kette mittelalterlicher Warften entdeckt. Die Funde in dem über zehn Quadratkilometer großen Untersuchungsgebiet umfassen bislang 54 Warften, systematische Entwässerungssysteme, einen Seedeich mit Sielhafen, zwei Standorte kleinerer Kirchen und das besondere Highlight: Bei einem der künstlichen Siedlungshügel zeichneten sich Strukturen ab, die das Team zweifelsfrei als Fundamente einer eindrucksvollen Kirche identifizieren konnte. Demnach war das Gebäude 40 Meter lang und 15 Meter breit. Bohrungen und gezielte Ausgrabungen an dem Ort lieferten zudem bereits weitere Hinweise auf die Strukturen des mittelalterlichen Sakralbaus.

“Damit reiht sich der Fund in die großen Kirchen Nordfrieslands ein”, sagt Sven Majchczack von der CAU. Seine Kollegin Ruth Blankenfeldt, Archäologin am Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie in Schleswig fügt hinzu: “Die Besonderheit des Fundes liegt in der Bedeutung der Kirche als Mittelpunkt des Siedlungsgefüges, das in seiner Größe als Kirchspiel mit übergeordneter Funktion interpretiert werden muss.” Als ein Kirchspiel wird ein mehrere Ortschaften umfassender Bezirk mit einer Pfarrkirche bezeichnet. Die entdeckten Überreste belegen demnach, dass Rungholt tatsächlich einer der Hauptorte des mittelalterlichen Verwaltungsbezirkes Edomsharde war, sagen die Experten.

Die Erforschung der einstigen Kulturlandschaft im heutigen Wattenmeer soll nun weitergehen – und offenbar sollte dies auch zügig erfolgen. Denn obwohl die Überreste bereits über 600 Jahre überstanden haben, sind sie nun zunehmend durch Erosion gefährdet: “Um Hallig Südfall und in anderen Wattflächen sind die mittelalterlichen Siedlungsreste bereits stark erodiert und oft nur noch als Negativabdruck nachweisbar. Dies zeigt sich auch im Umfeld der Kirchwarft sehr deutlich, sodass wir die Erforschung hier dringend intensivieren müssen”, so Hadler.

Quelle: Johannes Gutenberg-Universität Mainz

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