In den 390er Jahren v. Chr. gelangten keltische Stämme über die Alpen in die Poebene; nach der Niederlage des römischen Heeres in der Schlacht an der Allia stehen sie plündernd in Rom. Nur das Kapitol können die Verteidiger – gewarnt durch das Geschnatter der heiligen Gänse – noch halten; so berichtet es zumindest der Geschichtsschreiber Livius. Der Keltenfürst Brennus handelt als Lösegeld für seinen Abzug eine bestimmte Summe an Gold aus; als diese ausgewogen wird, soll er – so geht die Geschichte weiter – mit den Worten „vae victis“ auch noch sein Schwert in die Waagschale geworfen haben. Dieses traumatische Erlebnis markiert die Geburtsstunde der römischen Keltenangst und trug wesentlich zur Stilisierung der Kelten als bedrohliche Barbaren bei. Noch Jahrhunderte später benutzte Caesar das Feindbild, um den Kriegszug gegen die Helvetier zu rechtfertigen. Die literarisch und künstlerisch tradierten Keltenbilder, in denen keltische Krieger in heroischer Nacktheit mit dem typisch keltischen Halsreif („torques“) begegnen, prägten noch die Malerei des 19. Jahrhunderts.
In der Ausstellung werden weniger die Konfliktsituationen thematisiert als die sich daraus ergebenden Berührungen verschiedener Kulturen. Zwischen dem 4. und 2. Jahrhundert v. Chr. lassen sich in Italien keltische Spuren archäologisch nachweisen. Prächtig ausgestattete Kriegergräber, aus denen Fundstücke zu sehen sind, geben jenseits römischer Propaganda Zeugnis von den Kontakten der Kelten mit der einheimischen Tradition. Nach Ausweis verschiedener Waffenfunde ahmten die Kelten beispielsweise etruskische Waffen und Helme nach. Auf der anderen Seite übernahmen italische Stämme einen keltischen Schwerttypus. Das RGZM hat die Ergebnisse verschiedener Forschungsprojekte zusammengeführt, die besonders der Frage nachgehen, wer sich überhaupt als Kelte fühlte. Angesichts der vielen kulturellen Wechselwirkungen lässt sich die Frage nicht einfach beantworten. Verblüffend wirken naturwissenschaftliche Erkenntnisse, die nahelegen, dass Kelten und Italiker teilweise über mehrere Generationen an denselben Orten gemeinsam lebten. Kulturübergreifende Heiraten scheinen nach archäologischen Befunden ebenso üblich gewesen zu sein. Bereichert wird die Ausstellung durch Leihgaben aus den Museen Florenz, Ancona und Monterenzio, die erstmals in Deutschland zu sehen sind.