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Steinzeitlicher Cannabis-Anbau in Ostasien

Domestikationsgeschichte

Steinzeitlicher Cannabis-Anbau in Ostasien
Eine wildwachsende Cannabispflanze inmitten von Grasland in der chinesischen Provinz Qinghai. (Bild: Guangpeng Ren)

Dem Hanf auf der Spur: Das berühmt-berüchtigte Kraut ist eine der ältesten Kulturpflanzen des Menschen, verdeutlicht eine Studie. Bereits vor rund 12.000 Jahren wurde Cannabis sativa im heutigen China angebaut, geht aus Analysen der Genome verschiedener Wild- und Kultur-Formen hervor. Den genetischen Spuren zufolge kam es dann erst später zu einer gezielteren Zucht der Pflanzen für die Produktion von Fasern beziehungsweise Wirksubstanzen.

Textilien, Öle, aber auch berauschende oder medizinisch wirksame Substanzen kann sie dem Menschen liefern: Durch diese komplexe Bedeutung besitzt Cannabis sativa eine sehr spezielle Kulturgeschichte, die vor allem seit dem 20. und 21. Jahrhundert stark von Kontroversen geprägt ist. Denn sie entwickelte sich in dieser Zeit vom Rohstofflieferanten zunehmend zur Quelle von Rauschmitteln in der Form von Marihuana oder Haschisch. Deren Zulassung als legales Genussmittel ist in vielen Ländern bekanntlich umstritten. In den letzten Jahrzehnten ist Cannabis allerdings auch zunehmend in den Fokus der medizinischen Forschung gerückt, denn in seinen verschiedenen chemischen Bestandteilen steckt therapeutisches Potenzial.

Spurensuche in Genomen

Doch wie kam der Mensch ursprünglich zu dieser ungewöhnlichen Nutzpflanze? Aus archäologischen Hinweisen war bereits grundlegend bekannt, dass der Hanfanbau jahrtausendealt ist und wohl irgendwo in Asien begann. Doch wo genau Menschen Cannabis sativa erstmals gezielt kultivierten und der genauere Zeitrahmen der Domestikation blieben bisher unklar. Dieser Frage sind nun die Wissenschaftler um Guangpeng Ren von der Universität Lausanne durch Einblicke ins Erbgut der Pflanzen nachgegangen. Im Rahmen ihrer Studie analysierten sie insgesamt 110 Genome, die zusammen das gesamte Spektrum von bekannten wild wachsenden Formen und kultivierten Sorten von Cannabis sativa abdecken.

Wie sie erklären, konnten sie durch Vergleiche des Erbguts Verwandtschaftsbeziehungen aufdecken sowie anhand bestimmter genetischer Merkmale Rückschlüsse darauf ziehen, welche Versionen ursprünglich sind und wann es zu Aufspaltungen zu den unterschiedlichen Gruppen gekommen ist. Aus ihren Ergebnissen geht hervor, dass alle heutigen Hanfsorten – welchem Anbauziel sie auch immer dienen – auf gemeinsame Vorfahren zurückgehen, die schon in der Steinzeit im heutigen China kultiviert wurden. Die Ergebnisse deuten konkret darauf hin, dass heutige Sorten sowie verwilderte Cannabispflanzen dieser Region der Urform am nächsten stehen. Vermutlich ist die reine Wildform von Cannabis sativa allerdings ausgestorben, schreiben die Forscher.

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Wurzeln in der Steinzeit

Aus ihren Analysen geht ein Zeitfenster für die Domestikation von vor 6500 bis zu 15.000 Jahren hervor. Konkret erscheint dabei die Zeit um vor 12.000 Jahren besonders plausibel. Denn archäologische Hinweise haben bereits zuvor einen Gebrauch von Hanfseilen in dieser Ära nahegelegt, berichten die Forscher. „Im Gegensatz zu der üblichen Ansicht, dass die Domestikation von Cannabis in Zentralasien stattgefunden hat, deuten unsere Ergebnisse auf Ostasien – in Übereinstimmung mit den archäologischen Hinweisen“, schreiben die Forscher.

Wie sie weiter berichten, legen die Ergebnisse nahe, „dass das frühe domestizierte Cannabis zunächst bis vor etwa 4000 Jahren als Mehrzweckpflanze genutzt wurde, bevor es einer gezielten Zucht auf eine erhöhte Faser- oder aber Drogenproduktion unterzogen wurde“. In diesem Zusammenhang identifizierten Ren und seine Kollegen mehrere Gene, auf die während des Anbaus offenbar selektiert wurde. Darunter sind Erbanlagen, die mit der Verzweigung und der Zellulose-Bildung bei den Faser-Hanf-Sorten zusammenhängen, sowie ein Gen, das an der Biosynthese der Cannabinoide in den Versionen beteiligt ist, die der Produktion von medizinischen beziehungsweise berauschenden Substanzen dienen. „Unsere Ergebnisse bieten somit auch grundlegende genomischen Ressourcen für die Hanf-Zucht und Funktionsforschung – sowohl im Hinblick auf die medizinische als auch die landwirtschaftliche Bedeutung“, schreiben die Wissenschaftler abschließend.

Quelle: Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.abg2286

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