Spektakulärer Fund: Archäologen haben im rheinländischen Zülpich einen unberaubten römischen Sarkophag entdeckt. Der tonnenschwere Steinsarg stammt aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. und enthält die Überreste einer römischen Frau samt reicher Grabbeigaben. Unter ihnen sind antike Kosmetikartikel, aber auch ein Klappmesser mit einer kunstvollen Herkulesfigur als Griff. Es ist der erste römerzeitliche Sarkophag-Fund im Rheinland außerhalb Kölns seit mehr als zehn Jahren.
Auslöser des Funds war die Erweiterung eines Gewerbegebietes von Zülpich, in dessen Zuge auch ein neuer Verbindungskanal und ein neues Entwässerungssystem gebaut werden sollten. Doch bevor die Bagger anrollten, bekamen erst einmal die Archäologen ihre Chance. Denn aus Luftbildern und ersten Vorgrabungen war bekannt, dass die geplante Erweiterung geschichtsträchtiges Gelände passieren würde.
In diesem Bereich Zülpichs verlief einst eine der wichtigsten Fernstraßen der einstigen römischen Provinz Niedergermanien, die sogenannten “Agrippa-Straße”. Sie verband Köln über das damalige Tolbiacum (heute Zülpich) mit Trier und bildete den nördlichen Abschnitt einer wichtigen Verkehrsachse bis an das Mittelmeer. Nahe dieser römischen Straße liegen zudem Reste eines inzwischen als Bodendenkmal eingetragenen römischen Landgutes. Da der geplante Kanal unmittelbar an den Rändern dieser Hofanlage vorbeiführen würde, veranlasste das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland die archäologische Untersuchung der etwa vier bis fünf Meter breiten Trasse.
Römergrab auf Kanaltrasse
Und tatsächlich: Schon nach kurzer Zeit stieß der für den vorsichtigen Bodenabtrag eingesetzte Bagger neben den Spuren eines römischen Weges auf eine große, grauviolette Sandsteinplatte. Wie die weitere Ausgrabung enthüllte, gehörte sie zu einem noch unberührten römischen Steinsarkophag. Der rund 2,30 Meter lange und 1,10 Meter breite Sarg stammt aus dem 3. Jahrhundert n. Chr., wie die Archäologen mitteilen. Er ist damit der erste römerzeitliche Sarkophag im Rheinland außerhalb Kölns, der seit mehr als zehn Jahren entdeckt worden ist. Solche Sarkophage seien Ausnahmefunde, weil sie in den nördlichen Provinzen nur vereinzelt für die Bestattung wohlhabender Römerinnen und Römer verwendet wurden, so die Forscher.
Die Dame aus Zülpich – die Funde aus dem Sarkophag zeigen wir in dieser Bildergalerie
Innerhalb einer Woche legten die Archäologen das Grab mit dem Steinsarg vorsichtig frei, um Details wie die Gestalt der Grube und weitere Funde zu dokumentieren. Geöffnet und bekanntgegeben wurde der bereits im Herbst 2017 gemachte Fund jedoch zunächst nicht. Denn die Forscher wollten verhindern, dass weitere Ausgrabungen und die vollständige Sicherung benachbarter Gräber durch Schaulustige gestört wurden. Zudem sollte der Sarkophag erst unter kontrollierten Bedingungen in den Werkstätten des LVR-LandesMuseums in Bonn geöffnet werden, um möglichst viele Informationen aus seinem Inhalt herauslesen zu können.
Kosmetika, Schmuck und ein verziertes Messer
Jetzt ist der Sarkophag geöffnet und hat seinen rund 1700 Jahre alten Inhalt preisgegeben. Die inzwischen bereits untersuchten und restaurierten Funde wurden nun von den Archäologen des LVR-LandesMuseums Bonn vorgestellt. Im Steinsarg lag das gut erhaltenen Skelett einer Frau, die mit reichen Grabbeigaben bestattet worden war. Unter ihnen ist eine virtuos gearbeitete Griffschale aus Glas im Miniaturformat, die speziell für den Grabkult gefertigt wurde und metallenes Handwaschgeschirr nachahmt, wie die Archäologen erklären. Kostbar ist auch ein kleiner Handspiegel aus Silber, dessen Griff in Form zweier Finger ausgearbeitet ist.
Ein kleines Kunstwerk stellt ein Klappmesser dar, dessen Griff aus einem auf seine Keule gestützten Herkulesfigürchen gebildet wird. Für eine Frau ungewöhnlich ist die Beigabe eines kleinen kugelförmigen Ölbehälters aus Bronze, wie die Archäologen erklären. Deutlich typischer sind dagegen Grabbeigaben in Form von Kosmetika und Schmuck: Im Sarkophag lagen eine Schminkpalette aus Schiefer und ein Spatel zum Auftragen von Kosmetik oder Salben. Salben und Duftstoffe waren der Toten in drei Glasfläschchen mit ins Jenseits gegeben worden.
Auch an Schmuck sollte es der toten Römerin nicht mangeln: Fingerringe aus Gagat und Silber sowie eine Halskette aus Gagatperlen und zwei Anhänger aus dem gleichen Material lagen zusammen mit Perlmuttanhängern in einem mit Einlegearbeiten aus Horn verziertem Kästchen. Mehrere Knochennadeln, von denen eine ein goldverziertes Köpfchen hat, wurden ebenfalls im Sarkophag gefunden. Diese reichen Grabeigaben bestätigen, dass es sich bei der Toten um eine wohlhabende Römerin gehandelt haben muss.
Quelle: LVR-LandesMuseum Bonn