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Phönizische Weinpresse entdeckt

Antike

Phönizische Weinpresse entdeckt
Rekonstruktion der Weinpresse aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. (Bild: O. Bruderer, mit freundlicher Genehmigung des Ausgrabungsprojekts Tell el-Burak)

Sie brachten den Wein – das berühmte Händlervolk der Antike hat das „besondere“ Getränk im Mittelmeerraum beliebt gemacht, heißt es. Wo und wie die Phönizier Wein herstellten, dokumentiert nun ein Fund im Libanon. Die über 2600 Jahre alte Weinpresse liefert zudem Einblicke in ihre fortschrittliche Bautechnik: Die Phönizier verwendeten einen flüssigkeitsresistenten Putz. Die spezielle Technik zur Herstellung dieses Estrichmörtels wurde später von den Römern weiterentwickelt, sagen die Archäologen.

Der Wein avancierte geradezu zum Symbolgetränk der Antike: Im ersten Jahrtausend v. Chr. breitete sich der Konsum des vergorenen Traubensafts in vielen Regionen des Mittelmeerraums stark aus, wie aus zahlreichen Funden hervorgeht. Bei der Erfolgsgeschichte der Weinkultur wird den Phöniziern eine wichtige Rolle zugesprochen. Die Bewohner der Küste des östlichen Mittelmeers entwickelten sich im frühen 1. Jahrtausend v. Chr. zu erfolgreichen Seefahrern und Händlern, die in vielen Gebieten des zentralen und westlichen Mittelmeerraums Handelsposten und neue Siedlungen gründeten. Die berühmteste davon ist Karthago. Mit dieser Expansion ging die Verbreitung der nahöstlichen Traditionen der Weinkultur einher.

Reste der Weinpresse am Fundort. (Bild: Ausgrabungsprojekt Tell el-Burak)

Fund in einer phönizischen Siedlung

Trotz dieser Einschätzung der Phönizier als Schlüsselakteure, waren bisher kaum Spuren der Weinherstellung im Ursprungsgebiet der Phönizier bekannt, das auch Teile des heutige Libanon umfasste. Mit den Funden in der archäologischen Stätte Tell el-Burak hat sich dies nun geändert. Dort haben Archäologen der Universität Tübingen gemeinsam mit libanesischen Kollegen die Überreste einer phönizischen Siedlung aus dem späten achten bis in die Mitte des vierten Jahrhunderts v. Chr. freigelegt. Wahrscheinlich wurde die Siedlung zur Versorgung mit landwirtschaftlichen Produkten von der nahe gelegenen Stadt Sidon aus gegründet.

Tell el-Burak war südwestlich und südöstlich von einer 2,5 Meter breiten Terrassen-artigen Mauer eingegrenzt. „Südlich einer dieser Mauern haben wir eine gut erhaltene Weinpresse entdeckt. Sie war am Hang des Hügels angelegt worden“, berichten die Archäologen. Wie ihre Untersuchungen ergaben, bestand die Anlage aus einem Becken, in dem die Trauben zertreten wurden, einem Verbindungskanal, durch den der Most floss und einem Bottich, in dem der Most gesammelt und möglicherweise für den ersten Gärungsprozess aufbewahrt wurde. Frühere Forschungen in Tell el-Burak hatten bereits ergeben, dass in der Umgebung der Siedlung großflächig Trauben angebaut wurden. „Wir gehen davon aus, dass dort für einige Jahrhunderte in großem Stil Wein hergestellt wurde“, schreiben die Autoren.

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Eine Weinpresse aus raffiniertem Baumaterial

Es ist bekannt, dass Wein für die Phönizier eine große Bedeutung hatte – sie nutzten ihn neben dem alltäglichen Konsum auch in religiösen Zeremonien. „Die neue Entdeckung liefert somit zahlreiche Hinweise, wie die Weinpioniere das Getränk herstellten“, sagt der Erstautor Adriano Orsingher von der Universität Tübingen. Der frühere Fund einer großen Zahl von Amphoren, die in der Antike als Transportgefäße genutzt wurden, weist aber auch darauf hin, dass die Phönizier den Wein handelten. „Die nahe Stadt Sidon lag an Meereshandelsrouten des östlichen Mittelmeergebiets“, sagt Orsingher. Es liegt somit nahe, dass der Wein von dort aus in den Mittelmeerraum transportiert wurde.

Wie er und seine Kollegen weiter berichten, hat die aktuelle archäologische Entdeckung allerdings noch eine weitere Bedeutung: Analysen des Kalkputzes, der beim Bau der Weinpresse eingesetzt wurde, verdeutlichten das hohe Niveau des damals eingesetzten Materials. „Einen qualitativ guten Kalkputz herzustellen ist schwierig“, betonen die Autoren. Die Phönizier haben diese Technik weiterentwickelt, indem sie recycelte Keramikscherben für die Herstellung des Materials verwendeten. Damit ließ sich stabiler und zugleich besser bauen: „Der Putz war wasserresistent und widerstandsfähig. Die Römer haben diese Technologie für den Gebäudebau später übernommen und weiterentwickelt”, sagen die Wissenschaftler.

Quelle: Universität Tübingen, Fachartikel: Antiquity, doi: 10.15184/aqy.2020.4

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