Wenn Papst Benedikt XVI. in diesen Tagen das Erzbistum Freiburg besucht, lassen sich Wurzeln weit zurück in der Geschichte, im Mittelalter, finden. Vor fast 600 Jahren kam schon einmal ein Papst in den Südwesten Deutschlands. Er reiste nach Konstanz. Dorthin war für das Jahr 1414 ein Konzil einberufen worden. Es wurde zu einem bis dahin einmaligen Gipfeltreffen, zu dem sich die Elite der Mächtigen aus dem gesamten Abendland mitsamt ihren Gesandtschaften, von Lissabon bis Konstantinopel, von Uppsala bis Damaskus, in der Stadt am Bodensee einfand. Begleitet wurden sie von einer hoch dekorierten Entourage und gewaltigen Trossen.
Die römisch-katholische Kirche fand als Ergebnis dieses Konzils wieder den Weg zur Einheit: Denn damals gab es drei konkurrierende Päpste, nämlich in Avignon, Rom und Bologna/Lodi. Beim Konzil in Konstanz schafften es die Vertreter der geistlichen, zusammen mit denen der weltlichen Mächte, wieder einen einzigen Papst zu wählen. Zuvor mussten allerdings erst einmal die drei rivalisierenden abgesetzt werden. Der neu gewählte Papst, Martin V., packte seine Aufgabe gründlich an – und wer weiß, vielleicht hat ja der Ort seiner Wahl, der Südwesten Deutschlands, da einen gewissen Einfluss auf seine Amtszeit gehabt … Er wurde derjenige Papst, der in Rom den Startschuss zur Neuanlage der Stadt gab: von der verwahrlosten Ruinensiedlung zur päpstlichen Pracht der Renaissance und des Barock – Rom, wie man es heute kennt.
Wenn also in der Gegenwart Papst Benedikt XVI. auf dem Petersplatz Messen feiert und im Vatikan residiert – und überhaupt seine Reise nach Deutschland von Rom aus antreten kann –, dann ist das die Folge des Konstanzer Konzils! Von 1414 bis 1418, fünf Jahre lang dauerte diese abendländische Gesamtversammlung am Bo-densee, und alle Beteiligten versuchten dabei, einer verfahrenen Politik in Europa wieder eine handlungsfähige Form zu geben.
Davon zeugt heute noch das große Gebäude in Konstanz, in dem sich das päpstli-che Konklave zusammenfand, das Gremium, das den Papst wählte. Das Gebäude trägt bis heute den Namen aus dem Mittelalter: Konzil.
2014 wird eine Große Landesausstellung in Konstanz das Thema „Konstanzer Kon-zil“ ausführlich darstellen: eine gute Gelegenheit, dieses Gipfeltreffen des späten Mittelalters am Bodensee auch von seiner prachtvollen Seite kennen zu lernen. Und zugleich zu erkennen, wie vor 600 Jahren die Weichen für die heutige Kirche und für die Grundzüge der Politik gestellt wurden!
Die Große Landesausstellung anlässlich des 600-jährigen Jubiläums des Konstanzer Konzils wird derzeit vom Badischen Landesmuseum Karlsruhe unter Federführung von Prof. Dr. Harald Siebenmorgen im Auftrag des Landes Baden-Württemberg vorbereitet. Sie wird im Sommer 2014 in Konstanz am historischen Originalschauplatz im Konzilsgebäude stattfinden.