Archäologen haben bei Ausgrabungen im Nördlinger Donau-Ries einen seltenen Fund gemacht: In einem Bronzezeitgrab entdeckten sie ein mehr als 3000 Jahre altes, ungewöhnlich gut erhaltenes Bronzeschwert. Bei der bronzezeitlichen Waffe handelt es sich um ein Achtkantschwert und damit einen seltenen, nur aus dem deutschen Raum bekannten Untertyp der Vollgriffschwerter. Bisher wurden nur wenige solcher Schwerter gefunden, die meisten davon als Einzelfunde oder mit ungenügend dokumentierten Fundumständen. Das macht diesen Fund besonders wertvoll.
Das Herstellen von Schwertern ist eng mit dem Aufkommen der Metallverarbeitung verknüpft. Denn anders als Klingen oder Äxte gibt es für diese Art der Waffen keine Vorläufer aus der Steinzeit. Sie konnten erst hergestellt werden, als Menschen das Gießen und Schmieden von erst Kupfer, später Bronze und Eisen beherrschten. Als ältestes bisher bekanntes Exemplar gelten rund 5000 Jahre alte Schwerter aus arsenhaltigem Kupfer, die in Arslantepe im Osten Anatoliens gefertigt wurden. In Mitteleuropa erschienen die ersten Schwerter in der Bronzezeit, etwa um 1600 vor Christus. Sie gehörten zu den Vollgriffschwertern, bei denen der Griff aus massiver Bronze bestand.
Drei Tote und ein Bronzeschwert
Einen besonders seltenen Typ dieser Bronzezeit-Schwerter aus der Frühzeit der mitteleuropäischen Schwertherstellung haben nun Archäologen des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege in Nördlingen entdeckt. Bei Ausgrabungen im Donau-Ries stießen sie auf ein Grab aus dem 14. Jahrhundert vor Christus, in dem drei Personen bestattet worden waren: ein Mann, eine Frau und ein Jugendlicher. Reiche Grabbeigaben aus Bronze legen nahe, dass diese Toten zu Lebzeiten einen hohen sozialen Status innehatten. Sie wurden nicht gleichzeitig, sondern nacheinander in diesem Grab bestattet. Ob es sich bei ihnen um eine Familie handelte, ist aber noch nicht geklärt.
Der herausragende Fund in diesem Grab ist jedoch ein Bronzeschwert, das offenbar als Beigabe mit ins Grab gelegt worden war. Die Waffe ist so gut erhalten, dass es fast noch glänzt und alle Verzierungen an Heft und Griff gut erkennbar geblieben sind. Aus Form und Machart geht hervor, dass es sich um ein sogenanntes Achtkantschwert handelt – eine Unterform des Vollgriffschwerts, bei der der massive Bronzegriff achteckig ist. Die Herstellung solcher Achtkantschwerter war sehr aufwendig, weil der Griff im sogenannten Überfangguss über die Klinge gegossen wurde. Bei dem im Grab gefundenen Schwert ist der Griff zudem mit einem eingeprägten Wellenmuster und weiteren Verzierungen geschmückt. Sie wurden erst mittels Punze eingeprägt, dann mit einem farblich kontrastierenden Material gefüllt.
Echte Waffe, Subtyp noch unklar
Nach Angaben des Landesamts für Denkmalpflege ist dieser Schwertfund eine echte Rarität. Denn solche Achtkantschwerter sind weltweit extrem selten und wurden bisher nur in Deutschland gefunden. Doch die wenigen bekannten Exemplare waren entweder einzelne, mutmaßliche Opferfunde oder wurden schon im 19. Jahrhundert von Raubgräbern oder Archäologen aus Bronzezeitgräber entfernt. Dadurch ist nur wenig über ihre Herkunft und ihre Fundzusammenhänge bekannt. Die Entdeckung des Nördlinger Schwerts in einem intakten Bronzezeit-Grab bietet Archäologen nun die Chance, mehr über diese Schwerter und ihre Träger herauszufinden.
Die Archäologen gehen davon aus, dass dieses Schwert trotz fehlender Nutzungsspuren keine symbolische, nur als Grabbeigabe gefertigte Waffe war – dafür wäre die Herstellung auch viel zu aufwendig. Stattdessen wurde das Achtkantschwert von seinem Träger wahrscheinlich auch genutzt. Der Gewichtsschwerpunkt im vorderen Teil der Klinge deutet auf eine überwiegend auf Hiebe ausgerichtete Ausbalancierung hin. Bisher sind zwei Varianten solcher Achtkantschwerter bekannt, von denen eine in Süddeutschland und eine in Norddeutschland und Dänemark verbreitet war. Welchem dieser Subtypen das Schwert aus Nördlingen angehört, sollen nun nähere Analysen klären.
„Noch müssen das Schwert und die Bestattung untersucht werden, damit unsere Archäologen diesen Fund genauer einordnen können”, erklärt Generalkonservator Mathias Pfeil, Leiter des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege. “Aber schon jetzt lässt sich sagen: Der Erhaltungszustand ist außergewöhnlich! Ein Fund wie dieser ist sehr selten.”
Quelle: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege