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Metall der Benin-Bronzen kam aus Deutschland

Geschichte|Archäologie

Metall der Benin-Bronzen kam aus Deutschland
Manillen
Diese Messingringe, sogenannte Manillen, stammen aus einem 1524 vor Spanien gesunkenen Schiff. Ihr Messing stimmt mit dem der Benin-Bronzen überein – und mit damals im Rheinland hergestelltem Messing. © Ana Maria Benito-Dominguez

Lange war unklar, woher das Metall für die berühmten Benin-Bronzen stammte. Jetzt enthüllt eine Analyse: Die afrikanischen Kunstwerke wurden aus deutschem Messing gefertigt. Das Metall wurde bis zum 18. Jahrhundert im Rheinland produziert und zu sogenannten Manillen gegossen – hufeisenförmigen Messingringen. Diese wurden nach Afrika exportiert, dort von Sklavenhändlern als “Währung” verwendet und im Königreiche Benin im heutigen Nigeria als Rohmaterial für die berühmten Benin-Bronzen verwendet.

Die Benin-Bronzen sind weltberühmte Skulpturen und Reliefs aus Messing, die im Königreich Benin, im heutigen Nigeria, angefertigt wurden. Tausende dieser Kunstwerke wurden während der Kolonialzeit und vor allem im 19. Jahrhundert als Beutekunst geraubt und nach Europa und in die USA gebracht. Auch deutsche Sammler und Museen erwarben zahlreiche Benin-Bronzen. Erst im Juli 2022 wurden sie offiziell wieder in nigerianisches Eigentum rückübertragen, bleiben aber größtenteils als Leihgaben in Deutschland.

“Sklavengeld” als Rohmaterial?

Doch trotz der großen Prominenz der Benin-Bronzen war bisher unklar, woher das metallische Rohmaterial für die größtenteils aus Messing gefertigten Kunstwerke kam. „Die Benin-Bronzen sind die berühmtesten antiken Kunstwerke in ganz Westafrika. Woher die enormen Mengen an Metall kamen und wie Benin sein Messing erhielt, war aber lange Zeit ein Rätsel“, sagt Erstautor Tobias Skowronek von der Technischen Hochschule Georg Agricola in Bochum. Es wurde jedoch vermutet, dass Manillen, hufeisenförmige Reife aus Kupfer oder Messing für die Herstellung verwendet wurden.

Die Manillen dienten europäischen Händlern und Sklavenjägern in Afrika als Zahlungsmittel und wurden daher auch als „Sklavengeld“ bezeichnet. “Hundertausende dieser Manillen wurden mit Beginn des portugiesischen Afrikahandels im späten 15. Jahrhundert von Europa nach Afrika verschifft”, erklären Skowronek und seine Kollegen. Daher lag es nahe, dass diese Ringe eingeschmolzen und dann als Rohmaterial für die Benin-Bronzen verwendet wurden. Bewiesen werden konnte dies aber bisher nicht, unter anderem, weil chemische Vergleichsanalysen widersprüchliche Ergebnisse brachten.

Bronzen sind aus deutschem Messing

Um die Frage des Rohmaterials für die Benin-Bronzen zu klären, haben Skowronek und sein Team noch einmal 67 Manillen analysiert, die aus fünf Schiffswracks im Atlantik und drei Fundorten an Land stammten. Die mit dem Afrikahandel verknüpften Schiffe und Funde stammten aus dem 16. bis 19. Jahrhundert. Der Schwerpunkt der Analysen lag dabei auf den Blei-Isotopen-Anteilen, weil diese je nach Metallerz und Herkunft spezifisch sind, wie eine Art chemischer Fingerabdruck. Es zeigte sich, dass viele der bis zum 18. Jh. hergestellten Manillen ähnliche Anteile von Blei-Isotopen enthalten wie die Benin-Bronzen. Skowronek und seine Kollegen schließen daraus, dass diese Manillen tatsächlich der Haupt-Rohstoff für die Bronzen gewesen sein müssen.

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Die Analysen verrieten aber noch etwas deutlich Überraschenderes: Das Messing der Manillen stimmte in seinen Blei-Isotopen verblüffend gut mit Erzen und Messing aus dem Rheinland überein. “Damit belegen wir etwas völlig Unerwartetes: Das Messing der meisterhaften Benin-Kunstwerke stammte nicht aus Großbritannien oder Flandern, wie lange angenommen, sondern aus dem Westen Deutschlands”, sagt Skowronek. “Dies ist das erste Mal, dass diese Verbindung wissenschaftlich belegt wird.”

Damit ist nun klar, dass das Metall für die Benin-Bronzen größtenteils aus Deutschland stammte. Das Rheinland war in der frühen Neuzeit ein Zentrum der Metallverarbeitung und Messing-Produktion. Bis zum 18. Jahrhundert waren die rheinischen Metallhütten dabei auch ein Hauptlieferant für die nach Afrika exportierten Manillen gewesen sein. Die aktuellen Ergebnisse klären damit nicht nur die Frage des Rohstoffs für die Benin-Bronzen, sie sind auch von großer gesellschaftlicher Relevanz. Denn sie liefern weitere Informationen über die Rolle Deutschlands im internationalen Sklavenhandel: Aus unserem Land stammte ein Großteil des frühen “Sklavengelds”.

Quelle: Technischen Hochschule Georg Agricola; Fachartikel: PLoS ONE, doi: 10.1371/journal.pone.0283415

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