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Manuskripte in vergessenen Sprachen entdeckt

Geschichte|Archäologie

Manuskripte in vergessenen Sprachen entdeckt
In der Bibliothek des Katharinenklosters am Berg Sinai haben Forscher jahrhundertealte Texte entdeckt. (J Carillet/ iStock)

Im Katharinenkloster auf dem Sinai haben Forscher mehr als hundert zuvor unbekannte Manuskripte entdeckt. Einige der teilweise mehr als 1000 Jahre alten Texte sind in lange vergessenen, extrem seltenen Sprachen verfasst. Weil die Manuskripte überschrieben wurden, konnten sie erst jetzt mit modernsten Abbildungsverfahren wieder sichtbar gemacht werden.

Überschriebene Manuskripte

Das am Fuß des Bergs Sinai gelegenen Katharinenkloster ist eines der ältesten noch bewohnten christlichen Klöster der Erde. Wegen seiner isolierten Lage ist das um 550 gegründete Kloster nie zerstört worden. Deshalb lagern in seiner mehrere tausend Manuskripte umfassenden Bibliothek einzigartige Schätze – Manuskripte aus vielen Jahrhunderten. Schon länger ist bekannt, dass rund 130 dieser Manuskripte Palimpseste sind: Sie bestehen aus Pergamentseiten, die mehrfach wiederverwendet wurden. Die Mönche wuschen und schabten dafür die älteren Schriften weg, um dann neue Texte auf die Seiten zu schreiben.

Von den alten Manuskripten blieben nur wenige Flecken zurück – sie gerieten in Vergessenheit. Seit 2011 jedoch haben Forscher des Sinai Palimpsests Project begonnen, diese verborgenen Texte mit modernster Technik wieder lesbar zu machen. “Die überschriebenen Schriften auf den Palimpsesten stammen aus dem 4. bis 12. Jahrhundert und sind größtenteils noch nicht identifiziert”, schreiben die Wissenschaftler. “Wenn wir diese verborgenen Texte wiederherstellen können, hat dies das Potenzial für bedeutende Entdeckungen.”

Modernste Scannertechnik für uralte Texte

Im Rahmen ihres Projekts fotografierten die Forscher tausende Seiten dieser alten Palimpseste jeweils zwölf Mal aus verschiedenen Winkeln und unter Licht verschiedener Wellenlängen. Einige Aufnahmen wurden unter UV-Licht oder Infrarotstrahlung erstellt, bei anderen strahlte farbiges Licht von hinten oder in sehr flachem Winkel auf die alten Pergamente. Dies machte winzige Unterschiede in der Absorption des Lichts durch die alten Tintenreste sichtbar. Mithilfe von speziellen Computerprogrammen konnten die Wissenschaftler so die alte Schrift rekonstruieren und wieder sichtbar machen.

Inzwischen hat das Projekt bereits 6800 Seiten von 74 Palimpsesten auf diese Weise durchleuchtet – und dabei spektakuläre Texte zutage gefördert. Neben gut 100 Seiten mit zuvor unbekannten griechischen Gedichten, entdeckten die Forscher drei unbekannte medizinische Traktate, darunter eines mit dem ältesten bekannten Arznei-Rezept des Hippokrates. Auch alte arabische, lateinische und syrische Schriften deckten die Scans auf.

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Zeugnisse lange vergessener Sprachen

Besonders spannend aber sind mehrere Manuskripte, die in heute längst vergessenen Sprachen verfasst sind. Zwei Texte erweisen sich als Alwanisch, auch als Kaukasisches Albanisch bekannt. Diese Sprache wurde zwischen 100 v. Chr. und 700 n. Chr. von Menschen im christlichen Königreich Albania im heutigen Aserbeidschan gesprochen. Als dieses Reich zugrunde ging, starb auch das Alwanische aus – kein schriftliches Dokument dieser Sprache war bekannt – bis jetzt.

“Dies sind die einzigen beiden Texte, die in dieser alten Sprache überlebt haben”, berichtet Projektleiter Michael Phelps von der Early Manuscripts Electronic Library. Die neu entdeckten Manuskripte geben nun erstmals Einblick in diese Sprache und ihre Vokabeln. “Noch während wir die Aufnahmen verarbeiteten, sagte einer der Linguisten: Jetzt haben wir das Wort für Netz und: Hier ist das Wort für Fisch”, berichtet Phelps.

In anderen Manuskripten entdeckten die Wissenschaftler Texte in christlich-palästinischem Aramäisch, einer seit dem 13. Jahrhundert ausgestorbenen Variante des Aramäischen. In dieser Sprache wurden einige der frühesten Schriften des Neuen Testaments verfasst. Die Wissenschaftler planen, alle neuentdeckten und rekonstruierten Texte im Internet zu veröffentlichen, um sie künftig für Historiker und Linguisten in aller Welt zugänglich zu machen.

Quelle: Early Manuscripts Electronic Library, Smithsonian
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