Die Vernichtung der Städte in Europa während des Zweiten Weltkriegs hat eine regelrechte Planungseuphorie ausgelöst. Teilweise wurden Planungen zum modernen Wiederaufbau der bombardierten Metropolen noch während des Krieges entworfen. Die Freie Akademie der Künste in Hamburg zeigt in einer Sonderausstellung, die noch bis zum 29. September läuft, anhand von noch nicht veröffentlichten Dokumenten den Zusammenhang von Zerstörung und Städtebau. Die Schau „Die erwartete Katastrophe. Luftkrieg und Städtebau in Hamburg und Europa 1940-1945“ konzentriert sich auf das der Zerstörung unmittelbar folgende Planen für eine bessere Zukunft. Wenngleich die Luftangriffe auf Hamburg im Mittelpunkt stehen, werden auch Planungen anderer europäischer Länder in den Folgen des Zweiten Weltkriegs vorgestellt.
Die Ausstellung konzentriert sich mit noch nicht gezeigten originalen Entwürfen auf die Planungen für Hamburg. Daneben werden die zwischen 1940 und 1945 entstandenen Planungen und Visionen für Städte in Frankreich, Holland, England, Dänemark und der Sowjetunion vorgestellt. Erwartet war die Katastrophe insofern, weil in Europa seit Beginn des 20. Jahrhunderts eine wachsende Großstadtfeindschaft zu verzeichnen war, die nach dem Ersten Weltkrieg in Erwartung eines “Zukunftskrieges” mit Gas- und Luftangriffen eine weitgehende Umgestaltung oder gar den Abbau der bestehenden Städte erwartete. Bereits in den zwanziger Jahren waren Städtebauer davon überzeugt, dass der kommende Krieg den Tod der Großstadt in ihrer bisherigen Form bedeute.
Der Band „Ein seltsam glücklicher Augenblick. Zerstörung und Städtebau in Hamburg 1842 und 1943“ von Jörn Düwel und Niels Gutschow fasst die Themen der Ausstellung zusammen. Der Titel bezieht sich auf eine Aussage des legendären Oberbaudirektors der Hansestadt an der Elbe Fritz Schumacher (1869-1947). Mit den Worten „Ein seltsam glücklicher Augenblick“ charakterisierte er 70 Jahre nach der Katastrophe den großen Brand von Hamburg, der ein Großteil der Stadt zum Opfer gefallen war. Er trauerte der zerstörten Altstadt hinterher, sondern hob eine einmalige Gelegenheit zur Modernisierung der Stadt hervor. Erst durch die Zerstörung sei es möglich geworden, die Grundlagen für eine moderne Großstadt zu schaffen. Das dadurch entstandene ‚Kunstwerk Hamburg‘ wurde noch 1943 verehrt, als die Hansestadt mit den Bombenangriffen eine erneute Katastrophe erfuhr und die Metropole in einem ungeahnten Ausmaß zerstört wurde. Wiederrum sahen die Städtebauer eine Gelegenheit, die Stadt nach modernen Erfordernissen neu zu errichten. Außerdem erschien im Zusammenhang der Ausstellung eine von internationalen Autoren erarbeitete englischsprachige Publikation zu den Planungen zwischen 1940 und 1945 in Europa und den USA mit dem Titel „A Blessing in disguise“.