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Liebe und Hass in „magischen“ Papyri

Ägypten

Liebe und Hass in “magischen” Papyri
Papyrus
Dieser Ausschnitt aus einem Papyrus zeigt den Erzengel Michael, der von zwei Engelsmächten begleitet wird. © Elke Fuchs / Institut für Papyrologie, Universität Heidelberg

Am Übergang des alten Ägypten zur christlichen und islamischen Ära entstanden hunderte Papyri, in denen Menschen des 4. bis 12. Jahrhunderts Liebeszauber, Racheschwüre und andere “magische” Beschwörungen in koptischer Sprache niederschrieben. Ein Forschungsteam der Universität Würzburg hat nun diese Papyri zusammengetragen, ausgewertet und wissenschaftlich kommentiert. Sie geben damit einen einzigartigen Einblick in den Glauben und das Leben der Ägypter zu jener Zeit.

Nach der glanzvollen Zeit der Pharaonen durchlebte das Reich der Ägypter mehrere Phasen des tiefgreifenden Wandels. In der Antike stand das Reich zunächst unter der Herrschaft der Ptolemäer und später der Römer. Im zweiten Jahrhundert wurde im Zusammenhang mit einer Christianisierung des Nahen Ostens die zuvor in Ägypten verbreitete demotische Schrift und Sprache durch das Koptische ersetzt. Als dann die Araber im 7. Jahrhundert Ägypten eroberten und den Islam mitbrachten, wurde das Arabische zur dominierenden Sprache und Schrift dieser Region.

Volksglaube in einer Umbruchszeit

Trotz dieser wechselnden Einflüsse und Religionen war das Alltagsleben der Menschen damals aber vornehmlich von volkstümlichen Glaubensvorstellungen geprägt: „Die Christianisierung Ägyptens beendete zwar die Kulte der zahlreichen Götter der pharaonischen Zeit, aber sie beendete nicht den Glauben an eine Welt voller übermenschlicher Kräfte“, erklärt Korshi Dosoo von der Universität Würrzburg. Stattdessen wandelten die Menschen ihre einstigen Götter in Engel und Heilige um, die dem allmächtigen Gott dienten – oder auch in böse Wesen, die seiner Schöpfung schaden wollten.

Eng damit verbunden war der Glaube an magische Beschwörungen, die auf Papyrus, Pergament, Papier und Tonscherben geschrieben wurden. In einem Amulett um den Hals getragen oder heimlich im Haus eines Widersachers versteckt, sollten sie unter anderem Krankheiten heilen, Feinde verfluchen, Liebe oder Hass hervorrufen oder einen Blick in die Zukunft erlauben. Auch während der koptischen Ära in Ägypten waren solche “magischen” Papyri gebräuchlich. „Es sind etwa 600 dieser Texte erhalten; die bisher größte veröffentlichte Sammlung enthält aber nur rund 100 von ihnen“, erklärt Dosoo. “Die übrigen waren bislang in zahlreichen Büchern und Artikeln verstreut und sind deshalb nur wenigen Spezialisten zugänglich und bekannt gewesen.”

Liebeszauber, Schutzamulette und Wunschlisten

Deshalb haben Dosoo und seine Kollegen in den letzten fünf Jahren ein Forschungsprojekt durchgeführt, in dessen Rahmen sie diese verstreuten koptischen Papyri gesammelt und ausgewertet haben. Sie werden nun erstmals im Sammelband “Papyri Copticae Magicae“ zusammen mit wissenschaftlichen Anmerkungen veröffentlicht. Die damit nun zugänglichen Texte geben einen spannenden Einblick in das Denken und den Glauben der Menschen an der Schwelle des Übergangs von der traditionellen ägyptischen Religion zum Christentum und zum Islam.

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„Mit diesen Texten erhalten wir einen direkten Einblick ins Privatleben der Menschen zu dieser Zeit. Sie vermitteln uns ihre wahren Emotionen und nicht nur das Ideal religiöser Praktiken“, erklärt Dosoos Kollegin Markéta Preininger. In den “magischen” Papyri geht es beispielsweise um den Schutz vor dem Tod oder vor Dämonen, die Besänftigung von Feinden oder um die Erfüllung ganz konkreter Wünsche. In manchen Fällen sollte der Zauber dafür sorgen, dass sich Ehepaare trennen, in anderen ging es um die Beseitigung von körperlichen Leiden wie Fieber, Kopfschmerz oder Schlaflosigkeit. Auch Liebeszauber waren prominent vertreten. Sie sollten eine Angebete geneigt stimmen oder auch Frauen dabei helfen, schwanger zu werden.

Wie die Forschenden betonen, umfassen die nun ausgewerteten und veröffentlichten Texte aber noch lange nicht alle magischen Papyri. Sie schätzen, dass auf diesen ersten Band noch mehrere weitere folgen werden – möglicherweise sieben“, schätzt Dosoo. Zumindest für Band 2 ist auch schon die Finanzierung gesichert. Somit wird das Forschungsteam auch in den kommenden drei Jahren Liebe und Hass, Flüche und Wünsche und jede Menge Emotionen aus einer lange zurückliegenden Epoche erforschen können.

Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg; Fachartikel: Coptic Magical Texts, Volume 1: Formularies, Archiv für Papyrusforschung und verwandte Gebiete – Beihefte Band 48

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