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Leidvolle Pavian-Haltung im alten Ägypten

Geschichte|Archäologie

Leidvolle Pavian-Haltung im alten Ägypten
Diese Schädel stammen von Pavianen, die im 1. Jahrtausend v. Chr. ein trauriges Dasein fristen mussten. © Bea De Cupere, CC-BY 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/)

Sie waren göttliche Symboltiere – doch gut behandelt wurden sie offenbar nicht: Für rituelle Zwecke wurden Paviane im alten Ägypten unter quälerischen Haltungsbedingungen aufgezogen. Dies geht aus einer Untersuchung mumifizierter Überreste der Affen hervor, die in der Nähe von Luxor gefunden wurden. Die Knochen weisen demnach die typischen Anzeichen einer schlechten Ernährung auf. Außerdem zeichnet sich ein Vitamin-D-Mangel ab, der wohl auf fehlende Sonneneinstrahlung in der Gefangenschaft zurückzuführen war, sagen die Wissenschaftler.

Raffiniert präparierte sie ihre Toten, um sie vor dem Verfall zu bewahren: Die alten Ägypter sind für ihre Mumifizierungstechniken berühmt. Sie wendeten sie allerdings nicht nur bei Menschen an: Es wurden auch Tiere mumifiziert und rituell beigesetzt, die bestimmte Gottheiten symbolisierten. Besonders im 1. Jahrtausend v. Chr. nahm dieser Tierkult ein enormes Ausmaß an. Neben Katzen, Falken oder Ibissen gehörten zu den mumifizierten Tieren auch Paviane. Sie wurden mit dem Gott Thoth der altägyptischen Religion assoziiert. Das Besondere ist dabei: Diese Affen kommen natürlicherweise nur weiter südlich in Afrika vor. Dennoch avancierten die Exoten zu einem religiösen Symboltier und wurden den Mumienfunden zufolge offenbar nach Ägypten eingeführt – oder dort gezüchtet.

Heiligen Affen auf der Spur

Die Studie des Forscherteams um Wim Van Neer vom Königlich Belgischen Institut für Naturkunde in Brüssel wirft nun weiteres Licht auf die Frage, woher die Paviane ursprünglich stammten und unter welchen Bedingungen sie gehalten wurden. Die Wissenschaftler haben dazu die Überreste von Pavian-Mumien untersucht, die heute im Musée des Confluences in Lyon aufbewahrt werden. Gefunden wurden sie bereits vor über hundert Jahren in der Nekropole Gabbanat el-Qurud in der Nähe von Luxor im südlichen Ägypten.

Nach der Sichtung der zahlreichen Knochen, Schädel und weiteren Skelettteile aus der Sammlung kamen die Forscher zunächst zu dem Schluss, dass sie zu mindestens 36 Pavianen gehört haben. Der Radiokarbondatierung zufolge stammen die Relikte aus der Zeit zwischen 800 und 500 v. Chr.. Anhand der Merkmale konnte das Team zwei Pavianarten nachweisen: den Anubispavian (Papio anubis) und den Mantelpavian (Papio hamadryas). Vor allem aus den Schädelüberresten ging hervor, dass beide Geschlechter und alle Altersgruppen vertreten waren – vom Säugling bis zum Erwachsenen.

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Der Detailblick auf die Knochen offenbarte dann, dass es den meisten dieser Tiere offenbar sehr schlecht ergangen war: Die Forscher stellten ausgeprägte Läsionen, Verformungen und andere Anomalien an den Knochen fest, die auf eine mangelhafte Ernährung zurückzuführen sind. Besonders deutlich waren zudem die Spuren von Rachitis zu erkennen. Diese Form der gestörten Mineralisierung von Knochen wird durch Vitamin-D-Mangel verursacht. Bei Pavianen ist eine solche Unterversorgung ungewöhnlich, denn dieses Vitamin wird in der Haut durch die Bestrahlung mit Sonnenlicht gebildet. Der Befund legt somit nahe, dass die Paviane von Gabbanat el-Qurud die Sonne nicht zu sehen bekamen.

Ein trauriges Schattendasein zeichnet sich ab

“Mit Ausnahme von nur vier gesunden Exemplaren, die wahrscheinlich direkt aus der Wildnis importiert wurden, scheinen die meisten Tiere in Gefangenschaft geboren und aufgewachsen zu sein und unter chronischem Mangel an Sonnenlicht und unausgewogener Ernährung gelitten zu haben“, resümieren die Forscher. In Kombination mit früheren Befunden an Überresten aus anderen Fundorten wird damit nun deutlich: In Ägypten wurden Pavian-Zuchtgruppen gehalten, um die Nachfrage nach den Tieren zu decken. Die Grundlage bildeten dabei Wildfänge in den Ursprungsregionen der beiden Arten. Die Anubispaviane stammten wohl aus der weiter südlich gelegenen Region des Niltals im heutigen Sudan und die Mantelpaviane vom Horn von Afrika oder aber aus dem südlichen Teil der Arabischen Halbinsel.

Darüber wie und wo die Tiere bei eher dunklen Bedingungen gehalten wurden, lassen sich nur Vermutungen anstellen: „Da Paviane gut klettern und aggressives Verhalten zeigen können, waren hochwandige oder überdachte Anlagen wahrscheinlich unerlässlich“, schreiben die Forscher. Möglicherweise fristeten sie ihnen zufolge in bestimmten Korridoren der großen Tempelgebäude ihr Schattendasein.

Quelle: PLOS ONE, doi: 10.1371/journal.pone.0294934

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