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Krebsbehandlung im alten Ägypten?

Medizingeschichte

Krebsbehandlung im alten Ägypten?
Dieser altägyptische Schädel weist Krebs-Läsionen auf sowie mögliche Spuren eines chirurgischen Eingriffs. © Tondini, Isidro, Camarós, 2024

Das medizinische Fachgebiet der Onkologie besitzt eine überraschend weitreichende Geschichte, belegen Untersuchungsergebnisse eines altägyptischen Schädels: Aus Schnittspuren um bösartige Knochenveränderungen geht hervor, dass Heilkundige des Reichs am Nil schon vor über 4300 Jahren versuchten, Krebs zu behandeln oder nach dem Tod des Patienten mehr über die Erkrankung zu erfahren.

Sie besaßen bereits Medikamente, behandelten erfolgreich verschiedene Leiden und fertigten sogar maßgeschneiderte Prothesen an: Zu den vielen faszinierenden Kulturleistungen der alten Ägypter gehörte auch eine schon überraschend hochentwickelte Medizin, geht aus zahlreichen schriftlichen Zeugnisse sowie archäologischen Befunden hervor. Sie dokumentieren ein bereits umfangreiches Wissen über verschiedene Erkrankungen und Behandlungsmöglichkeiten. Im Fokus der aktuellen Studie der Forschenden um Tatiana Tondini von der Universität Tübingen stand nun ein gesundheitliches Problem, das bis heute eine große Herausforderung für die Medizin darstellt. „Wir wollten beleuchten, welche Rolle Krebs in der Vergangenheit spielte, wie verbreitet diese Krankheit war und wie man damals mit ihr umging“, sagt Tondini.

Im Rahmen ihrer Studie haben sie sich der Untersuchung von zwei altägyptischen Schädeln mit auffälligen Merkmalen gewidmet, die aus der Sammlung der University of Cambridge stammen. Das Exemplar mit der Bezeichnung „236“ ist der Datierung zufolge zwischen 4680 und 4340 Jahre alt und gehörte einem männlichen Individuum im Alter von 30 bis 35 Jahren. Der zweite Schädel „E270“ stammt dagegen aus einer späteren Epoche der altägyptischen Geschichte: aus der Zeit zwischen 660 und 340 v. Chr. Er gehörte den Befunden zufolge einer Frau, die älter als 50 Jahre war.

Krebsdiagnose nach Jahrtausenden

Wie das Team berichtet, stellten sie an beiden Schädeln die Spuren einer Krebserkrankung fest. Es handelte sich dabei um Läsionen, die auf Tumore zurückzuführen sind, die zur Zerstörung von Knochenstrukturen geführt haben. Im Fall von E270 war dies besonders drastisch: Es zeigt sich eine kraterartige Struktur im Schädelknochen. Grundsätzlich tragen diese Befunde damit zu den Hinweisen dazu bei, dass Krebs auch in der Vergangenheit schon eine häufige Erkrankung war, sagen die Forschenden. Bei dem über 4300 Jahre alten Schädel handelt es sich ihnen zufolge dabei nun auch um einen der ältesten Nachweise dieser Art.

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Wie sich zeigte, hat das Exemplars 236 aber einen noch interessanteren Aspekt zu bieten. Wie das Team erklärt, hatte bei dem Mann ein primärer Tumor im Gaumenbereich zur Bildung von Metastasen in der Schädeldecke geführt. Dies spiegelte sich in etwa 30 lochartigen Gewebszerstörungen in der Knochenstruktur wider. Als die Forschenden diese Läsionen mittels Mikroskopie und Mikro-Computertomographie genauer unter die Lupe nahmen, machten sie eine erstaunliche Entdeckung. „Als wir die Schnittspuren zum ersten Mal unter dem Mikroskop betrachteten, konnten wir nicht glauben, was wir da vor uns hatten“, so Tondini. Denn bei einigen zeichneten sich Schnittspuren ab, die auf den gezielten Einsatz eines scharfen Gegenstands zurückzuführen sind.

Um mehrere der Krebs-Läsionen am Schädel 236 fanden die Forschenden Schnittspuren. © Tondini, Isidro, Camarós, 2024.

Spuren einer Operation oder Autopsie

Dem Team zufolge kommen zwei Erklärungsmöglichkeiten für diesen Befund infrage: Die altägyptischen Heilkundige könnten versucht haben, im Rahmen einer Operation die krankhaften Stellen aus dem Schädel des Mannes zu entfernen. Es gibt allerdings keine Anzeichen einer Heilung. Deshalb erscheint es auch möglich, dass die Schnittspuren auf eine Untersuchung nach dem Tod des Patienten zurückzuführen sind, die der Klärung der Erkrankungsursache gewidmet war, erklären die Forschenden.

Wie sie betonen, sind allerdings beide Möglichkeiten spannend: „Dieser Befund ist ein einzigartiger Hinweis darauf, wie die altägyptischen Mediziner vor mehr als 4000 Jahren versucht haben, mit Krebs umzugehen oder ihn zu erforschen“, sagt Seniorautor Edgard Camarós von der Universität von Santiago de Compostela. „Unsere Studie bildet damit eine Grundlage für künftige Forschungen auf dem Gebiet der Paläo-Onkologie. Weitere Fallstudien sollten nun folgen, um besser aufzuklären, wie Gesellschaften der Vergangenheit mit Krebs umgingen“, so der Wissenschaftler abschließend.

Quelle: Frontiers, Fachartikel: Frontiers in Medicine, doi: 10.3389/fmed.2024.1371645

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