Der Berliner Philosoph Wilhelm Schmidt-Biggemann wird für seine „Geschichte der christlichen Kabbala“ (frommann-holzboog Verlag) mit dem Hamann-Forschungspreis 2013 ausgezeichnet. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis, der von der Universität Münster in Zusammenarbeit mit der “GWK – Gesellschaft für Westfälische Kulturarbeit” verliehen wird, gilt einer hervorragenden Leistung im Bereich der Geistes- und Kulturgeschichte des 18. Jahrhunderts. Ganz im Sinne des deutschen Philosophen Johann Georg Hamann (1730 – 1788) liegt der Fokus der Auszeichnung auf Arbeiten zur Aufklärung und Aufklärungskritik.
Die christliche Kabbala, deren Geschichte hier erstmals vorgelegt wird, galt in der Frühen Neuzeit als Schlüsselwissenschaft zu den Kräften der Schöpfung, die sich im Einzelnen in Alchemie, Hermetik und Astrologie erweisen sollten. Sie ging von der Grundannahme aus, dass das jüdische Geheimwissen zwar mit der Bibel offenbart worden sei, aber erst durch die christliche Philosophie und Dogmatik angemessen verstanden werden könne. Zu bekannten Vertretern zählten u.a. Pico della Mirandola, Johannes Reuchlin, Heinrich Khunrath, Robert Fludd, Athanasius Kircher und Christian Knorr von Rosenroth.
Der münstersche Germanist Eric Achermann, Vorsitzender der interdisziplinär besetzten Hamann-Forschungspreis-Jury, beschreibt die Vorzüge des ausgezeichneten Werks: “Schmidt-Biggemann liefert uns darin die Entwicklungsgeschichte einer Denktradition, die trotz ihrer geradezu sprichwörtlichen Dunkelheit das religiöse Denken des Abendlandes tief greifend mitgeprägt hat. Seine Darstellung reicht vom Spätmittelalter bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Man wagt nicht zu viel, wenn man diese Untersuchung heute schon zu einem Standardwerk der frühneuzeitlichen Religionsphilosophie erklärt.”
In der Forschung ist Wilhelm Schmidt-Biggemann schon lange ein Begriff. 1975 erschien seine viel beachtete Dissertation zu dem deutschen Schriftsteller Jean Paul, seitdem widmete er sich als Verfasser zahlreicher Monografien und als Herausgeber von Sammelbänden und Werkeditionen vorzugsweise schwer zugänglichen Autoren wie Johann Georg Hamann, Gottfried Wilhelm Leibniz, Baruch de Spinoza und Blaise Pascal.
Die feierliche Preisverleihung findet am Mittwoch, 16. Oktober, in der Aula des Schlosses der Universität Münster statt. Beginn ist um 18 Uhr, der Eintritt ist frei.