Zeugnisse einer geheimnisvollen Schlacht vor 3300 Jahren: Ein archäologisches Taucherteam hat im norddeutschen Fluss Tollense Objekte entdeckt, die offenbar einem Krieger gehörten. Der Fund liefert weitere Hinweise darauf, dass sich in der Bronzezeit im Tollensetal ein gewaltsamer Konflikt mit überregionaler Bedeutung abgespielt hat, sagen die Wissenschaftler.
Eine idyllische Auenlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern – doch einst ging es an den Ufern der Tollense alles andere als friedlich zu: Hier liegen Tote. Wie zahlreiche Funde belegen, tobte in dem Tal einst eine Schlacht. Seit 2008 hat ein Forscherteam menschliche Knochen, Waffen und Bronzeobjekte durch eine Kombination von Ausgrabungen, Metalldetektion und durch Tauchgänge geborgen. Die Funde stammen von verschiedenen Orten entlang eines 2,5 Kilometer langen Abschnitts der Tollense. Bisher haben die Archäologen die Überreste von mehr als 140 Menschen entdeckt. Sie zeigen die Spuren von Gewalt – in manchen Knochen steckten sogar noch Pfeilspitzen.
Europas ältestes Schlachtfeld
Datierungen zufolge fand die kriegerische Auseinandersetzung vor etwa 3300 Jahren statt. Das Schlachtfeld im Tollensetal gilt damit als der früheste bekannte Nachweis eines großen Konflikts in der nordischen Bronzezeit. Den Untersuchungen zufolge handelte es sich bei den Toten um junge Männer – vermutlich waren es Krieger, denn verheilte Verletzungen weisen auf frühere Kampferfahrungen hin. Aus Isotopenanalysen geht bereits hervor, dass zumindest ein Teil der Opfer nicht aus der Region stammte. Wer mit wem im Tollensetal gekämpft hat und warum, bleibt aber nach wie vor unklar.
Bei den aktuellen Funden handelt es sich nun um neue Spuren der mysteriösen Schlacht. Ein Taucherteam unter Leitung der Universität Greifswald ist am Grund der Tollense auf eine Reihe von Bronzeobjekten gestoßen: Sie entdeckten eine verzierte Gürteldose, drei Gewandnadeln und Pfeilspitzen. Besonders ungewöhnlich war allerdings ein weiterer Komplexfund: 31 Bronze-Objekte, die dicht beieinanderliegend gefunden wurden.
Vermutlich befand sich diese Sammlung einst in einem inzwischen zerfallenen Behälter aus Holz oder Stoff. Zu den Bronzegegenständen gehören ein Pfriem mit einem Griff aus Birkenholz, ein Messer, ein Meißel und weitere kleine Stücke. „Die kleinen Bronzefragmente dienten wahrscheinlich als eine Art frühe Währung“, erklärt Co-Autor Thomas Terberger von der Universität Göttingen.
Krieger aus dem Süden?
Radiokarbondatierungen belegten, dass die Objekte tatsächlich aus der Zeit der Schlacht stammen. Den Archäologen zufolge handelte es sich somit wahrscheinlich um den Besitz eines Mannes, der im Tal gekämpft hat. Vielleicht war sein Körper nach seinem Tod in den Fluss gelangt oder er hatte seinen Besitz verloren. Irgendwie war der Bronze-Schatz jedenfalls im Fluss gelandet. So wurde er offenbar nicht von Plünderern entdeckt, die sicherlich nach der Schlacht die Opfer nach Kostbarkeiten durchsucht haben, erklären die Wissenschaftler. „Dies ist die erste Entdeckung persönlicher Gegenstände im Bereich des Schlachtfelds, die uns Einblicke in die Ausstattung eines Kriegers geben“, sagt Terberger.
Wie er und seine Kollegen berichten, liefern die Funde nun auch neue Anhaltspunkte über die Herkunft der Männer, die an der Schlacht beteiligt waren. Denn unter den 31 Objekten befinden sich drei Bronzezylinder, die Artefakten ähneln, die in bronzezeitlichen Bestattungen in Südmitteleuropa gefunden wurden. „Somit mehren sich nun die Hinweise, dass zumindest einige der Krieger aus dem südlichen Mitteleuropa stammten“, sagt Terberger. Dennoch bleiben die Umstände weiterhin unklar. Man darf also gespannt sein, ob die Archäologen noch weitere Hinweise über die geheimnisvolle Schlacht vor 3300 Jahren aufdecken können.
Quelle: Universität Göttingen, Fachartikel: Antiquity, doi: 10.15184/aqy.2019.137