Auch wenn man die genaue Anzahl der Betroffenen nicht mehr ermitteln kann – bis über 1950 hinaus wurden in der Schweiz jährlich Zehntausende Kinder „fremdplaziert“, das heißt, sie durften nicht bei ihren eigenen Eltern aufwachsen. Waisen- und Scheidungskinder, uneheliche oder „milieugeschädigte“ Jungen und Mädchen wurden zumeist auf Bauernhöfe gegeben, wo sie – im Kontext bitterer Armut – als billige Arbeitskräfte ausgenutzt, oft misshandelt und gedemütigt wurden. Erst durch ein Nationalfondsprojekt, situiert in Basel und Lausanne, erhielten diese „Verdingkinder“ nun die Chance, von ihren Leiden zu berichten.
Eine Ausstellung im Historischen Museum Basel in der Barfüsserkirche mit dem Titel „Verdingkinder reden“ stellt eine Auswahl dieser Interviews in den Mittelpunkt. Noch bis zum 28. März können Besucher sich hier mit diesem lange verdrängten Kapitel der Schweizer Geschichte näher befassen und Vergleiche zu heutiger Heimerziehung anstellen.
Die Wanderausstellung wird danach im Historischen Museum Baden (April bis August 2010), im Rätischen Museum Chur (September 2010 bis Januar 2011), im Historischen Museum Thurgau (Mai bis Oktober 2011) und im Musée d’art et d’histoire Fribourg (April bis August 2012) gezeigt.
Literaturtipp: Marco Leuenberger/Loretta Seglias (Hrsg.), Versorgt und vergessen. Ehemalige Verdingkinder erzählen. Zürich 2008.