In Pompeji haben Archäologen ein weiteres Zeugnis der dramatischen Ereignisse beim Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 nach Christus entdeckt. Es handelt sich um die sterblichen Überreste eines wohlhabenden Mannes, der zusammen mit seinem Haussklaven von einem der glühenden Ascheströme überrascht und getötet wurde. Geschützt durch eine dicke Ascheschicht haben ihre Leichen die Zeit überdauert.
“Es ist unmöglich, diese deformierten Körper zu sehen und nicht angerührt zu sein. “Dies ist keine Kunst, keine Imitation, dies sind ihre Knochen, die Reste ihres Fleischs und ihrer Kleidung, gemischt mit Gips – es ist die Pein des Todes, die hier selbst Gestalt annimmt”, so beschrieb der italienische Schriftsteller Luigi Settembrini seine Eindrücke aus Pompeji, der Stadt, die im Jahr 79 von Lava und Asche des Vesuvs verschüttet wurde. Seither haben Archäologen immer neue Überreste der damals gestorbenen Menschen und ihrer Habseligkeiten entdeckt. Sie geben einen einzigartigen Einblick in das Leben der Antike.
Fund im Wandelgang einer Vorort-Villa
Jetzt haben Archäologen bei Ausgrabungen in einem Vorort des antiken Pompeji einen Fund gemacht, der erneut auf spektakuläre Weise von der “Pein des Todes” zeugt. Denn es handelt sich um die sterblichen Überreste von zwei Männern, die auf der Flucht vor dem Vulkanausbruch von einem tödlichen Aschestrom überrascht wurden. Entdeckt wurden sie in Civita Giuliana, einem rund 700 Meter südwestlich des Stadtzentrums von Pompeji gelegenen Villenviertel. Seit Januar 2020 führen die Wissenschaftler des Archäologischen Parks Pompeji dort Ausgrabungen in einer antiken Villa durch. Dabei haben sie bereits zwei Schlafräume mit dekorativen Mosaikböden sowie eine Art Bankettsaal mit Säulen und Marmorfliesen am Fußboden freigelegt.
Auf die aktuellen Funde stießen die Wissenschaftler, als sie den Kryptoportikus der Villa erkundeten. Dabei handelt es sich um einen gut 50 Meter langen Wandelgang, der einst unter der Terrasse der Villa entlangführte. An seinem Ende mündete er in ein Portal, das Zugang zu den oberen Etagen der Villa bot. Beim Ausbruch des Vesuv wurde der Wandelgang teilweise zerstört und eine dicke Ascheschicht füllte den größten Teil des Ganges aus. In dieser Aschenschicht entdeckten die Archäologen die Überreste zweier Männer.
Sklave und Herr im Tod vereint
Bei dem ersten Opfer handelt es sich um einen schmächtigen jungen Mann zwischen 18 und 25 Jahren, der rund 1,56 Meter groß war und auf dem Rücken liegend gestorben sein muss. Nähere Untersuchungen seines Skeletts enthüllten, dass seine Wirbelsäule Spuren ungewöhnlich starker Beanspruchung und Kompression zeigte. Die Archäologen schließen daraus, dass dieser junge Mann zu Lebzeiten harte körperliche Arbeit verrichtet haben muss. Bei seinem Tod trug er eine kurze, grobe Wolltunika, deren Falten in der versteinerten Asche noch gut erkennbar sind. Angesichts dieser Merkmale könnte es sich bei diesem Toten um einen Sklaven gehandelt haben, mutmaßen die Forscher.
Das zweite Todesopfer liegt unweit des ersten ebenfalls auf dem Rücken, aber mit angewinkelten Beinen und hochgerecktem Kopf. Es handelt sich um einen etwa 40-jährigen Mann von kräftiger Statur und rund 1,62 Meter Größe. Die Abdrücke seiner Kleidung verraten, dass er eine Tunika trug und darüber einen mit einer Spange an der Schulter gehaltenen Mantel. Aufgrund seiner aufwändigeren Kleidung und der fehlenden Spuren körperlicher Arbeit vermuten die Archäologen, dass es sich hier um den Hausherrn oder zumindest einen Angehörigen der Oberschicht handelte. Offenbar wollten er und sein Haussklave gerade fliehen, als sie vom glühenden Aschestrom überrascht und getötet wurden.
(Video: Pompeji Sites)Nachdem die Forscher die Skelette der beiden Toten untersucht und Proben entnommen haben, wurden die in der versteinerten Asche erhaltenen Hohlformen ihres Körpers mit Gips ausgegossen, um sie zu erhalten. Zuvor waren die Hohlräume mit Laserscanning und Endoskopen eingehend untersucht und vermessen worden.
Quelle: Archäologischer Park Pompeji