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Großbritannien: Migranten schon in der Jungsteinzeit

Geschichte|Archäologie

Großbritannien: Migranten schon in der Jungsteinzeit
Großbritannien
Großbritannien mag eine Insel sein, aber Einwanderer vom Festland prägten seine Geschichte. (Bild: Frank Ramspott/ iStock)

Die Angst vor einer “Überfremdung” durch Migranten aus der EU gilt als eine Triebkraft für das Brexit-Votum der Briten. Doch was die Inselbewohner dabei nicht berücksichtigten: Sie sind selbst die Nachkommen von Einwanderern, wie nun eine DNA-Studie bestätigt. Denn schon während der Jungsteinzeit strömten viele frühen Bauern aus dem Mittelmeerraum über die Iberische Halbinsel und Frankreich auf die Britischen Inseln.

Die Britischen Inseln haben eine bewegte Geschichte hinter sich – und sie erlebten schon einmal einen “Brexit”. Denn nach dem Ende der Eiszeit sorgten steigende Meeresspiegel und ein plötzlicher Bruch einer Kalksteinbarriere im heutigen Ärmelkanal dafür, dass Großbritannien zur Insel wurde. Unter anderem deshalb vollzog sich auch der Übergang zur Jungsteinzeit und die Einführung der Landwirtschaft dort deutlich später als auf dem Festland. “Es gab gegenüber den angrenzenden Regionen Kontinentaleuropas eine Jahrtausende lange Verzögerung”, berichten Selina Brace vom Natural History Museum in London und ihre Kollegen.

Landwirtschaft: Abgeschaut oder mitgebracht?

Wie genau sich die neolithische Revolution in Großbritannien vollzog, war jedoch bisher unklar: “Zwar herrscht unter Archäologen Einigkeit darüber, dass es um 4000 vor Christus einen dramatischen Wandel in der materiellen Kultur gab, aber inwieweit dieser Wandel durch kulturelle oder aber demografische Prozesse stattfand, ist strittig”, erklären die Forscher. Für ihre Studie haben sie daher das Erbgut von sechs mittelsteinzeitlichen Jägern und Sammlern aus England und Schottland sowie die DNA von 16 neolithischen Farmern untersucht.

Durch Vergleiche mit den Genomen anderer Bevölkerungsgruppen im steinzeitlichen Europa konnten die Wissenschaftler die Herkunft der jungsteinzeitlichen Bauern rekonstruieren. Das Ergebnis: Alle britischen Jäger und Sammler der Mittelsteinzeit hatten genetische Ähnlichkeiten mit den Jägern und Sammlern Skandinaviens. “Im Kontrast dazu jedoch waren alle Individuen aus der Zeit nach 4000 vor Christus und alle Bauern der Jungsteinzeit eng mit Iberischen und mitteleuropäischen Bauern verwandt”, berichten Brace und ihr Team.

Migranten aus Kontinentaleuropa

Mit anderen Worten: Die ersten Bauern in Großbritannien waren keine Einheimischen, die die Kulturtechnik abgeschaut und übernommen hatten. Stattdessen handelte es sich um Migranten aus dem Mittelmeerraum, die vor rund 6000 Jahren in größerer Zahl auf die Britischen Inseln kamen. “Unsere Daten sprechen dafür, dass der Übergang zu neolithischen Praktiken um 4000 vor Christus in überwältigendem Maße durch die Einwanderung von Bauern aus Kontinentaleuropa stattfand”, konstatieren die Forscher.

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Diese ersten Bauern Großbritanniens kamen größtenteils von der Iberischen Halbinsel, wie die Genvergleiche ergaben. “Diese iberischen Bauern-Populationen gehen auf Vorfahren aus dem östlichen Mittelmeerraum zurück”, berichten Brace und ihr Team. Von der Gegend des heutigen Spanien zogen diese jungsteinzeitlichen Bauern entlang der Küste erst nach Nordfrankreich und dann auf die britischen Inseln. Die DNA-Analysen legen zudem nahe, dass es damals kaum zu Vermischungen der heimischen Jäger und Sammler mit den eingewanderten Bauern kam.

Heimische Jäger und Sammler blieben außen vor

“Im Gegensatz zu anderen europäischen Regionen ereignete sich der Übergang zur Landwirtschaft auf den britischen Inseln fast ohne Einfluss der einheimischen Jäger und Sammler”, erklären die Forscher. Das könnte auf eine sehr geringe Bevölkerungsdichte im mittelsteinzeitlichen Großbritannien hindeuten – oder auf einwandernde Populationen, die sich dank ihrer technischen Überlegenheit schnell ausbreiten und durchsetzen konnten. Großbritanniens lange Geschichte der Einwanderungen und Eroberungen begann demnach schon in der Steinzeit.

Quelle: Nature Ecology and Evolution, doi: 10.1038/s41559-019-0871-9

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