Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Grab eines schwerbewaffneten Kriegers

Merowingerzeit

Grab eines schwerbewaffneten Kriegers
Vor rund 1300 Jahren wurde dieser Mann samt seinem beeindruckenden Waffenarsenal beigesetzt. © Christoph Bassler, Stadt Ingelheim

Häufig haben leider schon Grabräuber alles zerwühlt und geplündert – doch nicht in diesem Fall: In Ingelheim am Rhein sind Archäologen auf das unberührte Grab eines Mannes aus der geheimnisvollen Merowingerzeit gestoßen. Wie sie berichten, handelte es sich offensichtlich um einen Krieger: Er wurde vor rund 1300 Jahren mit samt seinem beeindruckenden Waffenarsenal beigesetzt. Der Fund liefert damit Einblicke in die Ausrüstung sowie die Bestattungsweise in der Ära des „dunklen Zeitalters“, sagen die Experten.

Die Stadt Ingelheim am Rhein ist vor allem für ihre Verbindung mit Karl dem Großen berühmt: Um das Jahr 800 ließ der Kaiser aus dem Geschlecht der Karolinger an diesem Ort eine Pfalz errichten – einen Gebäudekomplex, in dem er bei den Rundreisen durch sein Reich zeitweilig residierte. Die imposanten Überreste dieser Anlage können heute besichtigt werden und um ihre Bewahrung und weitere Untersuchung kümmert sich die eigens eingerichtete Forschungsstelle Kaiserpfalz. Seit 2015 erkundet ein Grabungsteam der Einrichtung archäologische Spuren in Ingelheim, die aus der Zeit vor dem Ausbau zur Kaiserpfalz stammen. Es handelt sich um ein Gräberfeld im Bereich der Rotweinstraße, die auf die Merowinger-Ära datiert wird. Sie reichte vom 5. Jahrhundert bis ins Jahr 751 und umfasste dadurch die turbulente Übergangszeit von der Spätantike zum Frühmittelalter.

Was den Grabräubern entgangen ist

Wie die Forschungsstelle Kaiserpfalz berichtet, kamen bei den Ausgrabungen in der Rotweinstraße zahlreiche, bereits im Mittelalter geplünderte Gräber zum Vorschein. Die Räuber hatten damals alles Wertvolle inklusive der Metallgegenstände entwendet und die Ruhestätten dabei zerwühlt. Doch dann stieß das Team schließlich auf die Bestattung mit der Befundnummer 447. „Als der Rand eines Schildbuckels zum Vorschein kam, war erst nicht klar, ob er zu einem der gestörten Gräber oder zu einem noch unentdeckten gehörte“, berichtet Grabungsleiter Christoph Bassler von der Forschungsstelle Kaiserpfalz. „Also haben wir vorsichtig weiter gegraben, bis klar war: Wir haben zwischen zwei beraubten Bestattungen tatsächlich ein noch komplett unberührtes Grab entdeckt, welches die Grabräuber aus irgendeinem Grund übersehen haben“, so der Archäologe.

Wie die Untersuchungen ergaben, handelt sich um die Ruhestätte eines 30 bis 40 Jahre alten Manns. Die enganliegenden und leicht nach oben gezogenen Schultern des Skeletts – die sogenannte Sarghaltung – belegten, dass der Verstorbene einst in einem Holzsarg bestattet wurde, von dem allerdings nichts übriggeblieben ist. Wie sich zeigte, war den mittelalterlichen Grabräubern eine fette Beute entgangen. Denn der Mann war mit einem beeindruckenden Waffenarsenal bestattet worden.

Anzeige

Die eindrucksvollste Beigabe war dabei eine sogenannte Spatha, ein zweischneidiges Schwert, das man dem Toten neben seinen rechten Arm gelegt hatte. „Die Länge der Spatha-Klinge beträgt etwa 75 Zentimeter, das ganze Schwert mitsamt Heft und Knauf ist etwa 93 Zentimeter lang“, berichtet Bassler. „Die Klinge ist sogar noch leicht flexibel, das spricht für einen außergewöhnlich guten Erhaltungszustand“, freut sich der Frühmittelalter-Experte. Auch weitere metallene Elemente, die zu dem Schwert gehörten, sind erhalten geblieben: Teile der Scheide aus Bronze sowie Fragmente der Aufhängung und des Gurtes.

Martialisch ausgestattet

Außerdem war der Tote noch mit einem schweren und kurzen Hiebschwert ausgerüstet – einem sogenannten Breitsax, von dem die Klinge sowie die bronzenen Nieten der Scheide entdeckt wurden. Abgerundet wurde die schwere Bewaffnung von einem massiven Messer und einer Lanze, von der sich immerhin die Spitze erhalten hat. Zusammen mit dem Schild verfügte der Verstorbene, mit Ausnahme eines Bogens, über praktisch alle Waffengattungen, die zu seiner Zeit in Gebrauch waren. Bislang deuten stilistische Ausprägungen wie der flache Schildbuckel mit breitem Rand und das massive Sax auf das 7. Jahrhundert, schreibt die Forschungsstelle Kaiserpfalz.

Der Ausstattung zufolge war der Verstorbene wohl ein Krieger. Doch um einen Berufssoldaten im heutigen Sinne handelte es sich nicht, denn im frühen Mittelalter gab es kein stehendes Heer, erklären die Experten. Stattdessen musste jeder freie Mann seinem Anführer folgen, wenn er zu einem Kampf gerufen wurde. Für seine Ausrüstung hatte er dabei selbst zu sorgen. Deshalb spricht die beeindruckende Bewaffnung dafür, dass sein Besitzer zu Lebzeiten entsprechend wohlhabend gewesen ist. Ein weiterer interessanter Aspekt an dem Grab ist, dass noch alles so daliegt, wie es vor etwa 1300 Jahren platziert wurde. Der Fund liefert damit Hinweise auf die Bestattungssitten in der Merowingerzeit, sagen die Experten.

Wie die Forschungsstelle Kaiserpfalz abschließend berichtet, werden derzeit alle Funde gereinigt und genauer untersucht. Möglicherweise verbergen sich unter den Rostschichten auf den Waffen noch Einlegearbeiten aus Silber, sogenannte Tauschierungen. Durch derartige Details könnte sich die Datierung des Grabes noch näher eingrenzen lassen. Außerdem sollen Analysen der menschlichen Überreste Hinweise darauf liefern, woran der Mann gestorben ist. Angesichts der Ausrüstung erscheint eine Kampfverletzung denkbar. Auch die zuständige Dezernentin von Ingelheim am Rhein, Eveline Breyer freut sich über die Entdeckung und hofft auf weitere interessante Befunde: „Dieser außergewöhnliche Fund könnte uns helfen, die älteste Gesellschaft von Ingelheim besser zu verstehen“, so Breyer.

Quelle: Forschungsstelle Kaiserpfalz

Anzeige
DAMALS | Aktuelles Heft
DAMALS in den sozialen Medien
Bildband DAMALS Galerie
Der Podcast zur Geschichte

Geschichten von Alexander dem Großen bis ins 21. Jahrhundert. 2x im Monat reden zwei Historiker über ein Thema aus der Geschichte. In Kooperation mit DAMALS - Das Magazin für Geschichte.
Hören Sie hier die aktuelle Episode:
 
Anzeige
Wissenschaftslexikon

al|ter|nie|ren  〈V. i.; hat〉 1 wechseln, abwechseln zw. zweien 2 〈Metrik〉 regelmäßig zw. einsilbiger Hebung u. Senkung wechseln … mehr

Öko|top  〈n. 11〉 ökologisch einheitl. Raum [<grch. oikos … mehr

Drei|er|takt  〈m. 1; Mus.〉 aus drei Zeitwerten bestehender Takt, 3 / 2 … mehr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige