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Früher Sesshaftigkeit auf der Spur

Jungsteinzeit

Früher Sesshaftigkeit auf der Spur
Blick auf den Fundort Svinjarička Čuka während der Ausgrabungen 2024. © M. Börner/ÖAI/ÖAW

Doch keine halb-nomadische Lebensweise? Die Pioniere der Landwirtschaft in Europa lebten offenbar auch schon dauerhaft an einem Ort. Dies geht aus den Merkmalen eines jungsteinzeitlichen Hauses hervor, das Forschende in Südserbien entdeckt haben. Die stabile Bauweise des Gebäudes sowie Strukturen für die Vorratshaltung von Getreide und Saatgut legen Sesshaftigkeit nahe. Die Entdeckung beleuchtet damit, wie sich die bäuerliche Lebensweise in den ersten Ausbreitungsregionen Europas etablierte, sagen die Forschenden.

Bis heute prägt die sogenannte neolithische Revolution unsere Zivilisation: Vor etwa 12.000 Jahren begannen erstmals Menschen im Nahen Osten statt zu jagen und zu sammeln, Nahrungspflanzen anzubauen und Vieh zu halten. Im Verlauf der Jungsteinzeit breitet sich diese Lebensweise dann immer mehr aus und erreichte schließlich auch Europa. Nach und nach ersetzen die bäuerlichen Gesellschaften dann auch dort die angestammten Jäger-und-Sammler-Kulturen. Dabei gibt es allerdings die Vermutung, dass die frühen Bauern in Europa zunächst noch nomadisch beziehungsweise nur saisonal sesshaft lebten.

Spannender Fundort in Südserbien

Zu den Bereichen der frühen Ausbreitungsgeschichte gehörte die Balkanregion. Der Untersuchung der frühen Ackerbaugesellschaften in diesem Bereich widmet sich seit einigen Jahren ein österreichisch-serbisches Forschungsteam unter der Leitung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). In ihrem Fokus steht dabei seit 2018 der Fundort Svinjarička Čuka im Süden Serbiens. Er liegt im Bereich einer vermuteten Verbindungsroute im Rahmen der Ausbreitung der bäuerlichen Lebensweise zwischen der Ägäis und der Donauregion. Die archäologische Stätte befindet sich auf einem Plateau beim am Fluss Svinjarička. Dort haben die Forschenden mehrere Besiedlungsphasen nachgewiesen. Die älteste konnten sie dabei der sogenannten Starčevo-Kultur zuordnen. Sie stand am Anfang der neolithischen Entwicklung auf dem Balkan und spielte eine zentrale Rolle bei der weiteren Verbreitung der Landwirtschaft in Europa.

Wie das ÖAW nun berichtet, sind die Forschenden in der frühsteinzeitlichen Siedlungsschicht von Svinjarička Čuka nun auf die Überreste eines Hauses gestoßen, das sie auf ein Alter von etwa 8000 Jahren datieren konnten. Es stammt somit aus einer frühen Phase der neolithischen Entwicklung. Offenbar war das Gebäude damals einem Brand zum Opfer gefallen – der nun zum Glücksfall für die Archäologie avancierte. Denn dadurch sind Strukturen und Spuren erhalten geblieben, die wichtige Hinweise auf die Bau- und Lebensweise der frühen Ackerbaupioniere geben können.

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Keine Nomaden-Hütte

Wie das Team berichtet, wurde zunächst deutlich, dass es sich um ein Gebäude gehandelt hat, das aus einer Kombination von Flechtwerk mit stabilen Holzpfosten gebaut war. Darüber hinaus entdeckten die Forschenden viele weitere Details: „Die teilweise eingestürzten und verbrannten architektonischen Elemente bedeckten aufeinanderliegende Böden im Inneren des Hauses sowie Artefakte, Werkzeuge und verstreute Gefäße im vermuteten Außenbereich“, beschreibt ÖAW-Archäologin Barbara Horejs die Entdeckung. Besonders bedeutsam waren außerdem Spuren von Strukturen, die der Vorratshaltung von Getreide und Saatgut dienten.

Spuren des langrechteckigen verbrannten Hauses mit Resten von Strukturen zur Lagerung von Nahrungsmitteln und zahlreichen Vorratsgefäßen. © F. Ostmann/ÖAI/ÖAW

„Diese neuen Funde in Svinjarička Čuka liefern substantiell neue Erkenntnisse und Daten, die bisherige Modelle zur Entwicklung der Sesshaftigkeit auf dem Balkan ändern dürften“, sagt Horejs. Denn wie sie erklärt, stellen die Ergebnisse nun die bisherige Annahme infrage, wonach die frühen bäuerlichen Gesellschaften Europas nomadisch oder nur saisonal sesshaft lebten. Sie beruhte dabei auf archäologischen Spuren, die als die Überreste leichter Hütten interpretiert wurden. „Doch offenbar bauten die neolithischen Pioniere auf dem Balkan im Gegensatz zu nomadisch oder nur saisonal sesshaften Gruppen schon stabile Häuser mit Anlagen für Vorräte und Getreidelagerung“, so Horejs.

Um genauere Einblicke zu bekommen, werden die Untersuchungen nun auch weitergehen: Zur genaueren Analyse der Funde kommen mikroarchäologische Methoden, wie Untersuchungen von Sedimenten, botanischen und zoologischen Überresten sowie chemische Bodenanalysen zum Einsatz. „Die Anwendung mikroarchäologischer Methoden könnte neue Daten zur Nutzung früher Häuser oder zum Zusammenleben von Menschen und Tieren liefern, das sich mit dem Neolithikum vor rund 8000 Jahren in Europa entwickelt haben dürfte“, sagt Horejs. „Außerdem wollen wir die geographisch-kulturelle Herkunft der Menschen und die mögliche Interaktion mit regionalen Jägern und Sammlern erforschen“, so die Archäologin.

Quelle: Österreichische Akademie der Wissenschaften

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