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Fluchtafel in mittelalterlicher Latrine entdeckt

Rostock

Fluchtafel in mittelalterlicher Latrine entdeckt
Fluchtafel
Diese Fluchtafel aus dem 15. Jahrhundert haben Archäologen bei der Ausgrabung auf der Rathausbaustelle in einer Latrine entdeckt. In ausgerolltem Zustand wurden die Worte „taleke sathanas belzebuk berith hinrik“ lesbar. © Archäologie in Mecklenburg-Vorpommern (AIM-V)

Fluchtafeln mit Verwünschungen waren in der Antike verbreitet, wurden aber in christlicher Zeit zunehmend verboten und geächtet. Jetzt belegt ein Fund in Rostock, dass solche Fluchtafeln ungeachtet dessen offenbar auch im Mittelalter noch verwendet wurden. Bei Ausgrabungen haben Archäologen am Grund einer Latrine aus dem 15. Jahrhundert eine Bleiblechrolle mit eingeritzten Verwünschungen entdeckt. Dieser Fluch wünschte zwei Personen den Teufel in Person von Satan, Beelzebub und Berith auf den Hals.

Sie sollten persönlichen Feinden schaden, Rivalen aus dem Weg räumen oder auch Konkurrenten Unglück bringen: In der griechischen und römischen Antike nutzten Menschen häufig Schadzauber in Form von Fluchtafeln. Diese bestanden meist aus dickem Bleiblech, in das man die Namen der zu Schädigenden und eine Anrufung von Dämonen, Teufeln oder Unterweltgottheiten einritzte. Das solcherart mit einem Fluch belegte Blech wurde dann zusammengerollt, manchmal zusätzlich durchbohrt und dann an speziellen Orten deponiert. Dies konnte ein Tempel sein, oft wurden die Fluchtafeln aber auch einfach vergraben, versenkt oder anderweitig in die „Unterwelt“ gebracht.

Fund in der Rostocker Rathausbaustelle

Bisher galten solche Fluchtafeln als Brauch vor allem der Antike und Spätantike. Aus späteren Zeiten waren sie dagegen kaum bekannt. Umso spannender und spektakulärer ist daher ein Fund, den Archäologen unter Leitung von Jörg Ansorge von Archäologie in Mecklenburg-Vorpommern (AIM-V) in Rostock gemacht haben. Bei Ausgrabungen im Rahmen von Bauarbeiten am Rostocker Rathaus stießen sie auf eine mittelalterliche Latrine. An ihrem Grund lag ein kleines, zusammengerolltes Bleiblech, das Datierungen zufolge aus dem 15. Jahrhundert stammt und auf dem beim Entrollen eine Inschrift in gotischen Minuskeln sichtbar wurde.

Die Inschrift lautete: „taleke sathanas belzebuk berith hinrik“. Dabei stehen der erste und letzte Name für eine Frau und einen Mann – vermutlich diejenigen, gegen die sich der Fluch richtete. Dazwischen stehen untereinander drei Bezeichnungen für Teufel – Satan, Beelzebub und (Baal)Berith. Damit handelt es sich klar um eine Fluchtafel, die den beiden Adressaten Taleke und Hinrik diese Unterweltherrscher an den Hals wünschte. Warum jemand vor gut 500 Jahren diesen beiden Menschen schaden wollte, ist allerdings unbekannt. Wollte jemand die Beziehung von Taleke und Heinrich auseinanderbringen? Ging es hier um verschmähte Liebe und Eifersucht, sollte jemand aus dem Weg geschafft werden?

Erste Fluchtafel aus dem Mittelalter

Klar ist hingegen, dass es sich um einen ganz besonderen Fund handelt. Denn es ist die erste Fluchtafel, die nicht aus der Antike, sondern aus dem Mittelalter stammt. „Wir haben etwas gefunden, das wir gar nicht hätten finden können“, sagt Ansorge. „Fluchtäfelchen sind eigentlich aus der Antike im griechischen und römischen Raum bekannt, also aus der Zeit von 800 vor Christus bis 600 nach Christus. Unsere Entdeckung lässt sich dagegen auf das 15. Jahrhundert datieren. Das ist wirklich ein ganz besonderer Fund.“ Wie der Archäologe erklärt, waren ähnliche Funde aus dem Mittelalter zuvor unbekannt.

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Der Fund dieser Fluchtafel belegt nun, dass es solche schriftlich niedergelegten Verwünschungen wohl noch bis ins Mittelalter hinein gegeben haben muss – zumindest ein Einzelfällen. Wie verbreitet diese im Mittelalter eigentlich als böser Zauber verpönte Praxis damals war, bleibt allerdings vorerst unbekannt.

Quelle: Rathaus Rostock

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