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Der explosive Beginn der Schlacht an der Somme

Erster Weltkrieg

Der explosive Beginn der Schlacht an der Somme
Explosion am Hawthorne Ridge
Zeitgenössische Fotografie der Explosion am Hawthorne Ridge am 1. Juli 1916. © Ernest Brooks

Am 1. Juli 1916 leitete eine spektakuläre Serie von Explosionen die Schlacht an der Somme ein – eine der prägenden Schlachten des Ersten Weltkriegs. Die Sprengungen sollten die deutschen Stellungen aufbrechen – mit nur begrenztem Erfolg. Mehr als 100 Jahre später haben nun Wissenschaftler erstmals den Krater an der Hawthorn Ridge, der ersten und größten dieser Sprengungen, näher untersucht. Ihre Funde enthüllen, wie die deutschen Truppen die gegen sie gedachte Explosion zu ihrem Vorteil nutzten.

Die Schlacht an der Somme in Nordfrankreich gilt bis heute als die wichtigste und verlustreichste Schlacht des Ersten Weltkriegs. Zwischen dem 1. Juli und dem 18. November 1916 starben dort mehr als eine Million Soldaten, viele weitere wurden verwundet oder blieben vermisst. Ausgangspunkt war eine von befestigten Gräben gesäumte Frontlinie zwischen deutschen Truppen auf der einen und den alliierten französischen und britischen Truppen auf der anderen Seite. Beide Kriegsparteien lagen sich in dem hügeligen Gebiet zwischen den Flüssen Somme und Ancre in einem Stellungskrieg gegenüber.

Die große Sprengung an der Somme

Am 1. Juli 1916 plante das britische Militär einen wichtigen Schlag gegen die Deutschen: Soldaten gruben heimlich hunderte Meter lange Tunnel unter dem Niemandsland hindurch bis unter die deutschen Stellungen und platzierten dort 19 potente Sprengladungen. “Diese Minen sollten nicht nur die deutschen Befestigungen zerstören, sondern waren bewusst so überdimensioniert, dass sie Krater mit ausgeprägten Rändern verursachten”, erklären Kris Wisniewski von der britischen Keele University und seine Kollegen. “Diese sollten den angreifenden britischen Truppen Schutz bieten – vorausgesetzt sie erreichten den Krater als erste.” Die größte dieser Minen mit mehr als 18.000 Kilogramm Ammoniak-basiertem Sprengstoff wurde an der Hawthorne Ridge nahe des Dorfs Beaumont-Hamel angebracht. Dort lag eine besonders stark befestigte deutsche Stellung.

Die Alliierten planten, die Sprengsätze am 1. Juli 1916 um 07:30 Uhr morgens zu zünden und damit ihre Offensive einzuleiten. Weil man jedoch befürchtete, dass die Megaexplosion am Hawthorn Ridge die eigenen Truppen bei ihrem Vorstoß verschütten könnte, beschloss man, diese Mine zehn Minuten vor den anderen zu zünden. Als der Sprengsatz um 07:20 Uhr hochging, war der Effekt spektakulär: “Der Boden unter mir ruckte und schwankte. Dann wurde der Boden Dutzende Meter hoch geschleudert – höher und höher stiegen die Erdmassen hinauf, bis sie mit einem schrecklichen Grollen wieder in sich zusammenstürzten”, berichtete der offizielle Kameramann der Briten, Geoffrey Malins, der die Sprengungen damals filmte.

Doch die verfrühte Explosion am Hawthorn Ridge war militärisch ein Fehler, wie heute klar ist: Zwar wurden viele deutsche Solldaten dabei getötet, gleichzeitig waren sie nun vor den folgenden Angriffen gewarnt. “Die Explosion der Mine an der Hawthorne Ridge war die erste Aktion in der Schlacht an der Somme und sollte den alliierten Truppen die Oberhand geben”, erklärt Co-Autor Peter Doyle von der University of London. “Doch die Deutschen eroberten die Krater als erste und nutzten dies zu ihrem Vorteil.” Als Folge scheiterte die alliierten Offensive und die Stellungen am Hawthorne Ridge konnten erst vier Monate später, nach einer zweiten Sprengung im November 1916 erobert werden.

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Nach gut 100 Jahren erste Untersuchung des Hawthorne-Kraters

Wie genau der Krater aussieht und wie ihn die deutschen Truppen nach der Explosion am 1. Juli 1916 zu ihrer Verteidigung ausbauten, haben Wisniewski, Doyle und ihre Kollegen erst kürzlich zum ersten Mal seit Ende des Ersten Weltkriegs näher untersucht. “Weil das Land fast hundert Jahre lang in Privatbesitz war, ist unsere Studie die erste dieses historisch bedeutsamen Kraters”, sagt Wisniewski. Das Team untersuchte das Gelände mithilfe von Drohnen, Begehungen, Laserscanning und geophysikalischen Analysemethoden. Dabei stießen sie auf verschiedene Objekte aus der Kriegszeit, darunter Stacheldraht, Hülsen von Artillerie-Munition und ein nicht explodiertes Artilleriegeschoss mit noch intaktem Zeitzünder. Auch die Einschlagsspuren von dutzenden britischer Geschosse waren noch erkennbar.

Besonders interessant waren aber die Spuren, die von der Übernahme des Kraters durch die deutschen Soldaten zeugen: “An der Nordseite des Kraterrands lagen in regelmäßigen Abständen rechteckige Gruben, jede zwischen 2,50 und 3,50 Meter breit. Dazwischen waren rund einen Meter breite Erdhügel aufgeschüttet”, berichten die Forscher. “Diese Erdstrukturen entsprechen einem typischen Grabensystem aus Geschützgruben und Traversen und zeugen von der Übernahme des Kraters durch die Deutschen.” Die Analysen enthüllten auch einen Tunnel, der vom Krater aus ins Niemandsland zwischen den Fronten reichte – auch er war von den deutschen Truppen gegraben worden.

“Unsere Studie hat damit neue Belege für die Befestigungen erbracht, die die Deutschen in dem von ihnen eingenommen Krater errichteten und der ihnen damit eine befestigte Stellung inmitten des Niemandslands bescherte”, sagt Doyle. “Dies bestätigt, dass es eine sehr schlechte Idee war, die Sprengladung am Hawthorne Ridge zehn Minuten vor den anderen zu zünden. Erst vier Monate später und durch eine erneute Sprengung konnte diese Befestigung von den Briten eingenommen werden.”

Quelle: Taylor & Francis Group; Fachartikel: Journal of Conflict Archaeology, doi: 10.1080/15740773.2023.2297202

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