Einst waren die sogenannten Altgläubigen in Masuren heimisch, heute gibt es sie nur noch in Nordost-Polen. Diese religiöse Minderheit, auch „Philipponen“ genannt, fand Anfang des 19. Jahrhunderts im preußischen Masuren Unterschlupf – ein Beispiel für die gelebte, pragmatische Toleranz Preußens. In Wojnowo, dem früheren Eckertsdorf, stießen die Teilnehmer der DAMALS-Lesereise auf die Spuren der Philipponen. Heute leben in dem kleinen masurischen Ort nur noch zwei Altgläubige. Und eine einfache Backsteinkirche zeugt davon, dass es dort lange eine Gemeinde gab. Die Philipponen hatten sich Mitte des 17. Jahrhunderts von der russischen Kirche getrennt. Damals war unter dem Patriarchen Nikon ein heftiger Streit um Reformen ausgebrochen – es ging unter anderem um die Frage, wie die Gläubigen sich zu bekreuzigen hatten. Weil die Philipponen die von Nikon mit Unterstützung des Zaren vorangetriebenen Reformen nicht annehmen wollten, wurden sie verfolgt. Sie emigrierten, zum Beispiel nach Sibirien und nach Polen. Anfang des 19, Jahrhunderts baten sie den preußischen König Friedrich Wilhelm III., sich auf ostpreußischem Gebiet niederlassen zu dürfen. Der König stimmte zu – durch die Bevölkerungsverluste während der napoleonischen Kriege waren ihm Neubürger willkommen. Die Philipponen erhielten zunächst sogar eine Steuerbefreiung und wurden eine Zeit lang nicht zum Militärdienst eingezogen. Seit 1830 siedelten sie in Eckertsdorf, bald lebten dort rund 1000 Altgläubige. Das 1847 von den Altgläubigen in Wojnowo errichtete Kloster florierte und wurde zum Zufluchtsort für weiteren Verfolgte aus Russland. Als aber der Klostervorsteher zur Orthodoxie übertrat, geriet die Gemeinde der Altgläubigen in eine dauerhafte Krise, von der sie sich nicht mehr erholte. Heute gibt es in Wojnowo nur noch eine orthodoxe Gemeinde. Auch das Kloster steht noch. Es war zuletzt lange ein Nonnenkloster, aber die letzte Schwerster starb bereits vor Jahren. Heute kann man sich dort Ikonen anschauen, und in einem Schaukasten finden sich vergilbte Fotos. Darauf sind Altgläubige mit ihren typischen langen Bärten zu sehen.
Geschichte|Archäologie
Das Verschwinden der AltgläubigenQuelle: Stefan Bergmann, Redaktion DAMALS
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