In einem Bleisarg, der neben dem Grab von Richard III. lag, haben britische Archäologen die Überreste einer mysteriösen älteren Frau entdeckt. Wer sie war, bleibt unklar. Aber eine Verbindung mit dem berühmt-berüchtigten englischen König scheint sie wohl nicht gehabt zu haben. Die vergleichsweise aufwendige Bestattungsweise der Dame macht aber deutlich, wie armselig Richard III. einst beigesetzt worden war. Die aktuelle Meldung hat eine spannende Vorgeschichte: 2012 entdeckten britische Archäologen unter einem Parkplatz in Leicester ein Skelett, das in Alter und anatomischen Merkmalen sehr gut zu den Beschreibungen des legendären Königs Richard III. passte. Historischen Quellen zufolge soll er nach der verlorenen Schlacht von Bosworth im Jahr 1485 in der Klosterkirche Grey Friars in Leicester ohne königliche Ehren bestattet worden sein. 1538 wurde die Kirche schließlich zerstört und überbaut. Dass es sich bei dem Fund tatsächlich um Richard III. gehandelt hat, bestätigten dann DNA-Analysen. Doch Richard III. war nicht der einzige Tote, der unter dem Parkplatz schlummerte. Bei weiteren Untersuchungen fanden Archäologen noch andere Gräber. So entdeckten sie auch einen Steinsarkophag, in dem wiederum der Bleisarg lag, dessen Geheimnis nun gelüftet wurde. Eigentlich hatten die Archäologen die Überreste eines Ritters oder Abts in dem bleiernen Behälter erwartet – dass es sich um eine Frau gehandelt hat, war eine Überraschung. Doch wer war sie? Das können die Wissenschaftler leider nicht genau beantworten. Auf jeden Fall handelte es sich wohl nicht um eine Zeitgenossin von Richard III. Die Radiokarbondatierung kam zu dem Ergebnis, dass sie vermutlich bereits etwa 100 Jahre vor ihm in der Klosterkirche beigesetzt worden war. Klar scheint, dass es sich um eine hochgestellte Persönlichkeit gehandelt haben muss, die mit dem Kloster in Verbindung stand. Das legen nicht nur ihre aufwendige Bestattung und ihre Grabstelle nahe, sondern auch Analyseergebnisse ihrer Überreste. Sie zeigen, dass sich die Dame zu Lebzeiten sehr proteinreich, also von damals wertvollen Speisen ernährt hat. Zu einem ähnlichen Ergebnis waren auch zuvor die Untersuchungen der Überreste Richards III. gekommen. Doch seine Bestattungsweise war nicht mit der seiner Nachbarin und auch nicht mit den anderen Gräbern vor Ort zu vergleichen. „Es handelte sich um große, sauber ausgearbeitete Gräber mit Särgen. Diese Sorgfalt steht im Kontrast zu dem grob gearbeiteten Grab von Richard III.“, sagt Mathew Morris von der Universität Leicester. „Je mehr wir die Gräber untersuchen, desto klarer wird, wie atypisch Richards Begräbnis gewesen sein muss“, ergänzt er. Der König, dem William Shakespeare das berühmte Drama „Die Tragödie von König Richard III.” gewidmet hat, soll nun bald endgültige Ruhe finden. Ende März wird er in der Kathedrale von Leicester erneut beigesetzt werden. Vermutlich wird dieses zweite Begräbnis des letzten englischen Herrschers aus der Dynastie der Plantagenets würdevoller sein als das erste.
Geschichte|Archäologie
Bleisarg geöffnet: Wer lag neben König Richard III.?Quelle: University of Leicester
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