Die Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald hat im Rahmen des Projekts „Universität Greifswald im Nationalsozialismus” die eigene Geschichte zwischen 1933 und 1945 erforscht und die Ergebnisse im Internet öffentlich zugänglich gemacht. Auf der überarbeiteten und aktualisierten Seite www.ns-zeit.uni-greifswald.de wird die Universitätsgeschichte während der NS-Diktatur nun in übersichtlicher Form präsentiert.
Universitäten als NS-Institutionen
Wie andere deutsche Universitäten durchlief auch die Uni Greifswald in der Zeit des Nationalsozialismus einen Transformationsprozess, der sich in drei Phasen gliedern lässt. Diese reichen von der „Gleichschaltung” der Universität, die sich etwa in der Entfernung jüdischer und politisch unerwünschter Dozenten niederschlug, über die Selbstprofilierung im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie bis hin zum aktiven Einsatz der Wissenschaft für den Krieg und die NS-Verbrechen. Die Universität passte sich damit nicht nur an die neuen Gegebenheiten der NS-Herrschaft an, sondern trug diese selbst mit. Sie wurde, wie Pommerns Gauleiter und Oberpräsident Franz Schwede-Coburg damals konstatierte, zu einem „wertvollen Instrument” des NS-Regimes.
Anpassung ohne Widerstand
Zwar vollzog sich der Wandel der Universität Greifswald zu einer nationalsozialistisch geprägten Einrichtung nicht durchweg aus eigenem Antrieb: Das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung spielte dabei ebenfalls eine wichtige Rolle, gerade was die personelle Umgestaltung anging. Die Ausrichtung der Forschungsinhalte an die nationalsozialistische Ideologie und die Konzentration auf die NS- und Rüstungsforschung betrieben die Professoren jedoch selbst. Außerdem stellte sich im Rahmen der Untersuchung heraus, dass kein Mitglied des Lehrkörpers wirklichen Widerstand gegen das Regime leistete. Vernehmbar abweichende Meinungen veröffentlichten nur der Diabetologe Gerhardt Katsch (1887-1961) und der Theologe Otto Haendler (1890-1981).
Späte Aufarbeitung
Ungeachtet der tiefen Verstrickungen in das NS-System begannen viele deutsche Universitäten erst in den vergangenen Jahrzehnten verstärkt mit der Aufarbeitung der Jahre zwischen 1933 und 1945. Das Rektorat der Uni Greifswald hatte in Absprache mit den Dekanen Anfang 2011 beschlossen, die Zeit des Nationalsozialismus an der Universität im Rahmen eines Forschungsprojekt untersuchen zu lassen. Zwar konnten – auch aufgrund der Vernichtung vieler Akten bei Kriegsende – trotz intensiver Recherchen nicht alle Fragen beantwortet werden, die Ergebnisse stellen jedoch aus Sicht der Forscher eine wichtige Grundlage dar. Veröffentlicht werden die Erträge des Projekts sowohl in einer Monographie als auch online. Die Internetseite, die zusätzlich Abbildungen vieler Originaldokumente enthält, soll einer breiten Öffentlichkeit den Zugang zu den Resultaten ermöglichen.