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Älteste Darstellungen des Netz-Fischfangs in Europa

Eiszeit-Fundstätte Gönnersdorf

Älteste Darstellungen des Netz-Fischfangs in Europa
Fischgravur
Diese Schieferplatte vom steinzeitlichen Fundplatz Gönnersdorf zeigt eine Fischfalle. Der Fisch wurde zuerst eingraviert und dann mit einem Netz aus Linien versehen. © Robitaille et al./ 2024 PLOS ONE, CC-by 4.0

Bei Neuwied am Rhein wurden im Laufe der letzten Jahrzehnte mehrere hundert Schieferplatten mit Gravuren aus der Späteiszeit vor 15.800 Jahren entdeckt. Jetzt enthüllen Neuanalysen mit einer speziellen Technik, dass einige dieser Platten zuvor unerkannte Gravuren von Fischen in einem Gitternetz zeigen – wahrscheinlich Darstellungen von mit Netzen gefangenen Fischen. Sie repräsentieren die frühesten bekannten Darstellungen von Netz- oder Fallenfischerei in der europäischen Urgeschichte.

Der Fundplatz von Neuwied-Gönnersdorf gehört zu den bedeutendsten und reichsten späteiszeitlichen Fundstellen Europas. Bereits 1968 wurden auf diesem Sporn der Rhein-Mittelterrasse erste Steinwerkzeuge und Knochen entdeckt, die aus der Kulturstufe des Magdalénien vor rund 15.800 Jahren stammen. Seither haben Archäologen dort neben weiteren Zeugnissen eiszeitlicher Lagerplätze und Mahlzeiten auch einen wahren Schatz an Kunstwerken aus dem Eiszeitalter entdeckt: Hunderte, meist kleine, flache Schieferplatten, in die Abbildungen von Tieren wie Wildpferden, Wollnashörnern, Rentieren und Mammuts eingraviert sind – Tiere, die für das Überleben der späteiszeitlichen Menschen von entscheidender Bedeutung waren. Auch Schieferplatten mit stilisierten Frauenfiguren sind unter den Funden.

Fischgravur und Zeichnung
Links: Grafische Darstellung der eingeritzten Linien; rechts: Die Schieferplatte mit der Gravur. © Robitaille et al./ 2024 PLOS ONE, CC-by 4.0

Gravuren von Fischen im Netz

Jetzt haben Forschende des Archäologischen Forschungszentrums und Museums MONREPOS vom Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) in Gönnersdorf einen weiteren spektakulären Fund gemacht. Für ihre Studie hatten sie 406 dieser eiszeitlichen Schiefertafeln mithilfe von neuesten Bildgebungstechniken wie dem Reflectance Transformation Imaging (RTI) analysiert. “Diese fortgeschrittene Technik war essenziell, weil sie selbst feine Details und Texturen enthüllt”, erklären Jérome Robitaille von MONREPOS und seine Kollegen. “Das RTI manipuliert Licht und Schatten in der digitalen Umgebung und hebt dadurch subtile Details auf der Oberfläche hervor. Dies enthüllt Aspekte, die traditionelle Untersuchungsmethoden übersehen.”

Dabei entdeckten die Archäologen auf acht der Schieferplatten zuvor unerkannte Fischdarstellungen, die von gitterartigen Mustern überzogen sind. “In allen Fällen wurde die Fischform zuerst eingeritzt und dann mit dem gitterähnlichen Muster teilweise überdeckt”, berichten Robitaille und seine Kollegen. Größe und Anordnung dieser Gitterlinien im Verhältnis zum Fisch legen ihrer Ansicht nach nahe, dass es sich dabei um Abbildungen von Netzen oder Fischfallen handelt. “Die Abfolge dieser Gravuren spricht für die Darstellung eines Tieres, da zuerst frei umherschwamm, dann aber durch das Hinzufügen des Gitters gefangen wurde”, schreiben die Archäologen. Damit zeigen diese Darstellungen fast schon eine szenische Darstellung des Fischfangs, erklären sie.

Früheste Darstellung des Fischfangs mit Netzen

Die Gönnersdorfer Gravierungen stellen damit die frühesten bekannten Darstellungen von Netz- oder Fallenfischerei in der europäischen Urgeschichte dar. Zwar war bereits bekannt, dass Fische zur Nahrung der altsteinzeitlichen Jäger und Sammler des Magdalénien gehörten. Doch es fehlten bislang konkrete Informationen darüber, mit welchen Techniken die Menschen damals ihre Fische fingen. “Das Fischen mit Netzen enthüllt die Vielfalt, Anpassungsfähigkeit und Kreativität der prähistorischen Gemeinschaften und unterstreicht ihre Fertigkeiten in verschiedenen Varianten von Fischfangtechniken, mit denen sie aquatische Ressourcen in ihrer Umwelt nutzten”, erklären Robitaille und sein Team.

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Darüber hinaus erweitern die Gravuren aus Gönnersdorf das bekannte Repertoire der eiszeitlichen Kunst um praktische und symbolische Elemente. Die Tatsache, dass die Menschen ihren Fischfang in Zeichnungen festhielten und verewigten, deutet darauf hin, dass die Fischerei auch im sozialen und kulturellen Leben der Jäger- und Sammlergesellschaften eine Bedeutung hatte. “Unsere Forschung verbessert daher nicht nur unser Wissen über die verschiedenen Nahrungsbeschaffungs-Strategien der altsteinzeitlichen Gesellschaften, sie tragen auch zum breiteren Diskurs über die Komplexität und Reichhaltigkeit ihrer kulturellen Praktiken bei”, konstatieren die Archäologen.

Quelle: Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA); Fachartikel: PLoS ONE, doi: 10.1371/journal.pone.0311302

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