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Südafrika: Refugium beim Toba-Ausbruch

Erde|Umwelt

Südafrika: Refugium beim Toba-Ausbruch
Vom Supervulkan Toba ist heute nur noch dieser See mitsamt kleinerem Vulkanhügel in der Mitte übrig. (Grafik: NASA Shuttle Radar Topography Mission)

Vor 74.000 Jahren brach auf Sumatra der Supervulkan Toba aus – mit möglicherweise globalen Folgen. Wie sehr davon unsere Vorfahren betroffen waren, zeigen nun Funde in einem prähistorischen Felsunterstand in Südafrika. Forscher haben dort, rund 9000 Kilometer vom Toba-Vulkan entfernt, winzige Eruptionstrümmer nachgewiesen. Gleichzeitig belegen ihre Funde jedoch, dass die Menschen in dieser Region die vulkanbedingten Klimaänderungen offenbar problemlos überstanden.

Der Ausbruch des Toba gilt als eine der größten Naturkatastrophen der Menschheitsgeschichte. Denn die gewaltige Eruption des Supervulkans hätte beinahe die gerade erst begonnene Entwicklung unserer Spezies wieder beendet – das zumindest vermuten einige Forscher. Denn ihren Ermittlungen zufolge schleuderte die Eruption so große Mengen Asche und Staub in die Atmosphäre, dass sich die Sonne über Jahre hinweg verdunkelte. Das in dieser Phase ohnehin kühle Klima verschärfte sich, es wurde sehr kalt und trocken. Wie schlimm dieser vulkanische Winter damals allerdings ausfiel, ist bisher strittig. Schätzungen gehen von einer Verringerung der Sonneneinstrahlung zwischen 25 und 90 Prozent aus.

Auch über die Auswirkungen auf die Populationen des Homo sapiens ist man sich uneins: Genanalysen deuten darauf hin, dass unsere Vorfahren etwa um diese Zeit eine starke genetische Verarmung erlebten. Ihre Populationen müssen demnach stark zusammengeschrumpft sein – möglicherweise auf nur noch wenige zehntausend Menschen. Einer Theorie nach überstanden unsere Vorfahren die Katastrophe nur in einigen Refugien mit noch einigermaßen mildem Klima und ausreichend Ernährungsmöglichkeiten wie beispielsweise im äquatorialen Afrika oder an den Meeresküsten. Doch andererseits deuten Funde aus Indien daraufhin, dass der Homo sapiens diese Gegend möglicherweise noch vor dem Ausbruch des nicht weit entfernt liegenden Toba besiedelt hatte – und dennoch die Katastrophe überlebte.

Vulkanpartikel im Felsunterstand

Neue Einblicke in die urzeitliche Katastrophe liefern nun Ausgrabungen an der Südküste von Südafrika. Vor rund 74.000 Jahren gab es dort zwei Lagerstellen des Homo sapiens, eine in einem als Pinnacle Point 5-6 bezeichneten Felsunterstand und eine rund zehn Kilometer davon entfernt im Freien. An beiden Orten haben Archäologen zahlreiche Zeugnisse jahrtausendelanger menschlicher Präsenz entdeckt, darunter Steinwerkzeuge und Knochen. Inmitten dieser Ablagerungen haben nun Eugene Smith von der University of Nevada und seine Kollegen Spuren des Toba-Ausbruchs entdeckt. Es handelt sich um Kryptotephra, mikroskopisch kleine Fragmente von verglastem Vulkangestein. Sie können bei einer Eruption mit Luftströmungen über weite Strecken hinweg verteilt werden.

Ob die in Pinnacle-Point und dem Lagerplatz Vleesbaai entdeckten Mikropartikel tatsächlich von der Toba-Eruption stammen, überprüften die Forscher mithilfe von modernen chemischen Analysemethoden. Denn jeder Vulkanausbruch erzeugt Lava und Asche einer ganz bestimmten chemischen Zusammensetzung, wie die Wissenschaftler erklären. Es zeigte sich: Der chemische Fingerabdruck der in Südafrika gefundenen Gesteinsfragmente stimmte mit dem von Tephra im Tobavulkan und seinem Umfeld überein. „Zusammen mit der Datierung der Sedimente lässt uns dies schließen, dass diese Trümmerteilchen vom Toba stammen müssen“, konstatieren Smith und seine Kollegen. „Diese Partikel sind damit die am weitesten von ihrem Vulkan entfernten Tephrafragmente, die jemals gefunden worden sind.“

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Refugium an der Südspitze Afrikas

Diese Ergebnisse belegen damit, dass der Ausbruch des Toba selbst in rund 9000 Kilometer Entfernung – an der Südspitze Afrikas – noch Spuren hinterließ. Die entscheidende Frage aber war nun, welche Folgen dies für die Bewohner von Pinnacle Point und Vleesbaai hatte. Machten Aschenregen und Vulkanwinter auch ihnen das Überleben schwer? Um das herauszufinden, verglichen Smith und seine Kollegen die menschlichen Spuren in den Sedimentschichten vor, während und nach der Zeit der Toba-Eruption. Das Ergebnis: „Wir haben festgestellt, dass diese Orte während und nach der Zeit des Ausbruchs kontinuierlich genutzt wurden“, berichtet Co-Autor Erich Fisher von der Arizona State University in Tempe. „Es gab keine Hinweise darauf, dass ihr Alltag durch dieses Ereignis gestört wurde.“

Im Gegenteil: Die Zahl und Machart der gefundenen Steinwerkzeuge deuten darauf hin, dass die Population des Homo sapiens in dieser Region Südafrikas sogar noch zunahm. „Die Intensität der Nutzung dieser Orte steigerte sich sogar noch und kurz nach dem Ausbruch kam es zu einer Reihe von technologischen Innovationen, die dann über Jahrtausende dort genutzt wurden“, berichten die Forscher. Ihrer Ansicht nach könnte dies dafür sprechen, dass diese Gebiete an der Südküste Afrikas zu den Refugien der Menschheit nach der Katastrophe gehörten – den Regionen, in denen Nahrungsangebot und Klima ein Überleben trotz vulkanischem Winter ermöglichte.

Eugene Smith (University of Nevada, Las Vegas) et al., Nature, doi: 10.1038/nature25967

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